Other Fiction Wachenhusen, Hans: Die neue Lorelei. V1 [German] 25.7.2025

[brucewelch]

Wenn Rousseau eine "Neue Heloise" schreiben konnte, dann durfte Hans Wachenhusen gewiss "Die neue Lorelei" verfassen, bei der es, zwar ganz unphilosophisch, aber nicht minder drunter und drüber geht: die bigotte Hausfrau des Grafen will dessen Mündel Cora an ihren heimlichen Sohn, einen verkommenen Wüstling verkuppeln, um ihn finanziell zu sanieren; darob und weil ihr von einer langen Abenteuer-Reise zurückgekehrter Ex sie zurückweist, stürzt sie sich, statt - wie es sich für eine "neue Lorelei" gehört hätte - die Schiffe im Rhein unten zum Kentern zu bringen, selber in diesen. Dann kommt auch noch der zum Islam übergetretene Bruder des Grafen mit Weib und Kind zurück aus dem mittleren Osten. … — Dass periodisch noch ein trunksüchtiges Fährweib auftritt, das Cora als "Lorelei" verschreit, und dass der Felsen, von dem diese in den Rhein springt, der "Heidenstein" ist, auf dem in finsterer Vorzeit grausige Opfer dargebracht wurden (hat nicht der alte Fontane um einiges später in seiner "Effi Briest" auch eine solche Lokalität als Symbol sozialer Opferung verwendet??), … und dass natürlich ein Duell nicht fehlen darf usw. usf., … sei nur am Rade erwähnt … Was die abenteuerlichen Komponenten angeht, die sich auf den Orient beziehen, so kam dem Roman zu Gute, dass Wachenhusen vor aller Belletristik zunächst einmal Kriegsberichterstatter und Reiseschriftsteller war.

"Die neue Lorelei. Roman vom Rhein" von Hans Wachenhusen erschien in 13 Fortsetzungen als Zeitschriften-Vorabdruck in der "Deutschen Roman-Bibliothek", welche die belletristische Beilage zu F. W. Hackländers weit verbreiteter Zeitschrift "Ueber Land und Meer" darstellte. Aufgrund dieser Vorlage entstand durch eigenes OCR &c. das vorliegende eBook; die Buchausgabe (1877, 244 & 257 Seiten) ist im Netz nicht greifbar.
Das Cover greift zurück auf eine Bildpostkarte des Jahres 1906. Ähnlich wie im Roman die "Lorelei" zur trivialliterarischen Spielfigur abgesunken ist, hat auch diese 'Loreley' (so der Bild-Titel) ihr verführerisch-verderbliches Wesen verloren, ist vielmehr zu einer Technicolor-Breitwand-Projektion behufs touristischer Animation mutiert und stellt für den unbeschadet rheinabwärts vorbei tuckernden Vergnügungsdampfer keinerlei Gefahr mehr dar. — [Ja, ich weiß: hat mit dem Roman - abgesehen von dem Moment der 'Gesunkenheit eines Kulturguts' - geradezu 'nix ze donn' (… 'Roman vom Rhein'), — konnte ich mir aber einfach nicht verkneifen.]

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