Other Fiction Spielhagen, Friedrich: Die von Hohenstein. V1 [German] 10.11.2021

[brucewelch]

Wer sich für die zeitnahe literarische Aufarbeitung der deutschen 1848er-Revolution interessiert, kommt an diesem umfangreichen Werk des erfolgreichsten deutschsprachigen Romanschriftstellers der zweiten Hälfte des 19. Jh. nicht vorbei - deshalb war es höchste Zeit, dass "Die von Hohenstein" (1864, 4 Bde., 1330 Seiten) von Friedrich Spielhagen wieder zugänglich gemacht wird.

Es ist kein Zufall, dass dieser zeitgeschichtliche Roman (die Geschehnisse lagen zum Zeitpunkt der Erstausgabe 15 bis 16 Jahre zurück) im Rheinland spielt: Spielhagen studierte zu dieser Zeit in Bonn, und seine Memoiren (Finder und Erfinder) zeigen, dass ihn die allzumenschlichen Begleiterscheinungen, die der Bewegung dort anhafteten, mehr irritierten als anzogen. In der geistigen Verarbeitung erhielten die Revolution und insbesondere die sie tragenden Ideen jedoch in der Folge eine die Haltung des Autors entscheidend prägende Wirkung; tatsächlich hat kaum ein anderer der deutschsprachigen Autoren den Gedankenkern von 1848 so nachhaltig in sein literarisches Werk integriert. Bereits der erste große Roman, "Problematische Naturen" (1861/62), nimmt einen ehemaligen radikalen 1848er-Revolutionär zum Protagonisten, der durch die Revolution enttäuscht wurde und sich zum Liberalen entwickelt, um an der Verwirklichung der grundlegenden Überzeugungen der Revolution nun mit geistigen Mitteln zu arbeiten.

Dem hier vorgelegten eBook von Spielhagens zweitem großen Roman, "Die von Hohenstein", liegt die Erstausgabe von 1864 zu Grunde - nicht die dritte Auflage von 1872, in welcher der Autor die Textgestalt gestrafft hat, im Wesentlichen auf Kosten reflexiver Passagen, weil sie 8 Jahre später zu plakativ-bekenntnishaft erscheinen mochten. Gerade dieser Charakter der Erstausgabe ist es jedoch, der das Werk heute interessant macht - dass es im Übrigen abenteuerlich-kolportagehafte Züge trägt und von zeittypischen Weitschweifigkeiten nicht frei ist, wird die "Süffigkeit" der Lektüre beim interessierten Leser kaum beeinträchtigen. —

Das eBook enthält bandweise die Seitenzahlen (explizit in der Standard-Fassung dezent verkleinert in grau; in der "nopage"-Fassung versteckt); evidente (und zahlreiche!) Setzfehler wurden mit Blick auf die dritte Auflage stillschweigend korrigiert, die Interpunktion musste in vielen Fällen bei der wörtlichen Rede ergänzt werden. Ansonsten orientiert sich das Layout ebenso wie die Orthographie an der Erstausgabe von 1864.

Ich freue mich, dass mit diesem eBook nunmehr das gesamte erzählerische Werk von Friedrich Spielhagen in MR erhältlich ist.

Bitte beachtet auch die Neueditionen von "Quisisana" - "Susi" - "Uhlenhans".

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[whink]

Lieber brucewelch,

vielen Dank für die zahlreichen Preziosen, die Du hier immer wieder hochlädst und zugänglich machst, all die verschollenen Bulwer-Lyttons, die Scotts und viele andere – Lesevergnügen ohne Ende Der schöne Spielhagen-Schmöker – der ja viel mehr ist als nur das! – ist selbst hier in Berlin nur schwer aufzutreiben und tatsächlich ein völlig zu Unrecht vergessener Roman zur Revolution. Danke also ganz besonders für diesen tollen Fund, den ich weitergereicht habe an die hiesige „Aktion 18. März“ (auch dort übrigens ganz unbekannt).

Überhaupt schätze ich deine soliden Textfassungen und die sachkundigen und pointierten Infos, die Du dazu gibst – viel mehr als nur ein „Waschzettel“, wie Du es nennst. Für mich oft ein Aha-Erlebnis und das eigentliche Motiv für die anschließende Lektüre. Die bemerkenswerte Fanny Lewald, Walter Scott und etliche andere hätte ich sonst sicher nicht für mich entdeckt.