Other Fiction Gutzkow, Carl: Maha Guru. V1 [German] 25.7.2018

[brucewelch]

Mit "Maha Guru. Geschichte eines Gottes" legte Gutzkow 1833 im Alter von 22 Jahren nach "Briefe eines Narren an eine Närrin" seinen zweiten Roman vor (2 Bde, insg. 396 Seiten). In "Rückblicke auf mein Leben" bekannte der Dichter, der von Cotta seinerzeit die für ein Autorenhonorar damals stattliche Summe von 300 Reichsthalern erhalten hatte, die der Verkauf des Werkes dem Verleger so gerade eben einbrachte, er habe mit diesem Roman "die Töne nicht gepfiffen, wonach die Welt zu tanzen liebt".

In seinem "Gutzkow"-Buch (1871) schrieb Alfred von Wurzbach (S. 33f.):

Im Jahre 1833 erschien in Stuttgart Gutzkow’s erstes bedeutenderes Werk, der Roman »Maha Guru, Geschichte eines Gottes,« d. h. des irdisch sichtbar gewordenen Gottes der Thibetaner. In dieser glänzenden Satyre auf die damaligen Zustände, die an Swift’s »Gulliver’s Reisen« erinnert, werden wir nach Thibet versetzt, und indem uns die Sitten dieses Landes geschildert werden, will uns Gutzkow zeigen, wie Alles, auch das Fremdartigste, und Das, was der menschlichen Natur durchaus zu widersprechen scheint, durch die Sitte geheiligt werden kann, wie also eigentlich im Ganzen nichts feststeht, sondern Alles nur durch ein dummes Herkommen eingeführt ist. Er geißelt nicht nur die steife Etikette, die fade Schmeichelei des Gesellschaftstons, alle jene Formen, die einen jungen Mann, der sich frei bewegen will, so sehr beengen, sondern er zeigt auch die legitime Hahnreischaft, indem die Brüder in Thibet nur eine Frau haben; endlich tritt ein Götzenfabrikant auf, der Götter macht, und der durch die schönere Gestaltung derselben die blinde Wuth einer orthodoxen Priesterschaft erregt, welche ihn deshalb tödtet. Den Gipfel aber bildet Maha-Guru, der Dalai Lama, der Gott ein Mensch, um den sich die Geschichte dreht, und mit dessen Absetzung sie endet, indem ein anderer Mensch Gott wird durch Jntrigue. — Alles dies wird in schneidiger Sprache mit Beziehung auf unsere Gesellschaft, Familie, Priesterschaft und Religion in drastischer Weise ausgeführt.

So harmlos, wie Wurzbach im Jahre der Entstehung des neuen deutschen Kaiserreichs unter preußischer Führung mit Rücksicht auf eben diese Macht die Satire hier verstanden wissen will, ist sie aber nicht; man bemerkt, wie von ihm die Bereiche "Politik" und "Herrschaft" geflissentlich ausgeklammert werden. Gutzkow jedoch, der ja eigens aus Berlin ins liberalere Stuttgart umgesiedelt war, lag selbstverständlich daran, besonders auch die preußische Version der restaurativen Unterdrückung in dieser Zeit verschlüsselt zu thematisieren.

Die Transkription stammt einmal mehr von H.N. (siehe "Edit"), bei dem ich mich hier ganz herzlich bedanke. Dem eBook sind versteckt Seitenzahlen eingefügt, so dass es potenziell zitierfähig ist.

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