Poetry Roquette, Otto: Waldmeisters Brautfahrt. V2 [German] 20.2.2018

[brucewelch]

Sei’s Vaterlandes Glück, der Musen Wonne,
Sei’s eures eignen Lebens enger Kreis,
Frisch, brechet in des Augenblickes Sonne
Vom Lebensbaum das ewig grüne Reis!
Dann neu erquickt, gestärkt am Lebensbronne,
Mit jungem Sinn, wenn auch an Jahren greis,
Erbaut auf’s Neu, die eben erst zerfallen,
Erbaut auf’s Neu der Hoffnung Säulenhallen!

[...]

So laßt auch uns gleich jenen Rebensprossen
Nicht rasten, bis der Welt wir treuerfüllt
Den Wein der Freiheit golden frisch erschlossen,
Und froh den Durst der schmachtenden gestillt,
Den Wein der Lieb’, aus vollen reifen Trauben!
Und unsre Lieder — soll’n sie uns nicht rauben! —

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Auch dieses angeblich ja bloß weinselige und gänzlich politfreie Werk enthält zwischen den Zeilen immer wieder Schlaglichter auf die resignative Stimmung der Nach-48er-Ära ...

Spoiler:

... in der Schopenhauers Philosophie von ihrer quietistischen Seite her erst so richtig zu wirken beginnt.
Als Palliativ gegen gescheiterte Hoffnungen - so hat es damals schon Fontane erklärt - ist "Waldmeisters Brautfahrt" (1851, es ist Roquettes erste Buchveröffentlichung) ein für seine Zeit ungemein erfolgreiches Werk geworden: 80 Auflagen in 50 Jahren! Roquette behandelt Vers und Strophe allerdings äußerst flüssig, Reime und Rhythmen kommen mit erfreulicher Selbstverständlichkeit - auch dies hat zur langen Wirkung beigetragen, nicht zuletzt jedoch der »Zug reiner jugendlicher Begeisterung« (wie Robert Prutz ihn damals wahrnahm), der bei der liberalen Kritik auch Hoffnung auf einen neuen »Frühling« deutschen Lebens weckte (s.o., Zitat).
Die "Handlung - Reise des Prinzen Waldmeister zu seiner Hochzeit mit Prinzeß Rebenblüthe - ist eine Allegorie der Waldmeisterbowle und erledigt, anknüpfend an die Blumenromantik eines Ernst Schulze, die entzaubernde Naturwissenschaft der Botanik durch humorvolles Naturgefühl; die eingestreuten Lieder - wie 'Noch sind die Tage der Rosen' - gingen in die studentische u. bürgerliche Gemeinschaftskultur ein". (Killys Literaturlexikon)

Textgewinnung auf der Basis der neunten, gegenüber der ersten unveränderten Auflage von 1852 (100 Seiten) per GoogleBooks-Korrekturmethode.
Laut- und Zeichenbestand gemäß Vorlage; einige Wörter wiederum ohne gewohnte Doppelvokale.

Das Cover und das Frontispiz entstammen zeitgenössischen Ausgaben.

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