Mit "Shirley" (1849) von Charlotte Brontë lege ich eine deutsche Übersetzung des umfangreichen Hauptwerkes (ca. 700 S.) der bedeutenden viktorianischen Erzählerin vor. Dieser Text, ursprünglich fußend auf einer zeitgenössischen anonymen Übertragung, wuchs sich im Vollzug der Bearbeitung zu einem eigenständigen Produkt aus (mehr dazu im "Spoiler"). Das vorliegende eBook ist daher nicht gemeinfrei, also nicht kommerziell nutzbar, jedoch frei reproduzierbar für den privaten Gebrauch. Das Copyright liegt bei mir.
Spoiler:
Zur Genese dieses eBooks.
Es handelt sich bei diesem Text um die eingehende Bearbeitung einer anonymen Übersetzung, die 1849 unter dem Titel »Shirley von Currer Bell« bei Duncker und Humblot, Berlin, erschien (3 Bde, 224, 232 & 256 Seiten); sie bleibt nahe am Original und trifft den viktorianischen Ton recht gut.
Der Plan war ursprünglich, diese Übersetzung lediglich aus der Versenkung zu holen und als digitale Neuausgabe originalgetreu zu reproduzieren. Es zeigte sich jedoch, dass die Qualität der Übertragung im Einzelnen dermaßen grob fehlerhaft war, dass das Werk in dieser Form nicht angeboten werden konnte. Die ›Bearbeitung‹, die zunächst nur die Richtigkeit der Übersetzung gewährleisten sollte, erstreckte sich rasch auf jedes einzelne Wort – abgesehen von den lyrischen Einlagen, die im Wesentlichen unverändert aus der Übersetzung von 1849 übernommen wurden. Von deren Textbestand blieb nur stehen, was sich mit der Richtigkeit der Übertragung und zugleich der Verständlichkeit eines aktuellen Deutsch noch vertrug; gewisse altertümliche Wendungen jedoch (beileibe nicht alle: die Erhaltung jener viktorianischen ›Patina‹ lag mir durchaus am Herzen!) wurden ebenso ersetzt wie die historische Orthographie. –
Die vorliegende (im Textbestand vollständige) Fassung gleicht ihrem Wesen nach daher einer eigenen Übersetzung (der die englische Erstausgabe von 1849 zu Grunde liegt) und stellt wesentlich mehr als eine bloße Bearbeitung dar, so dass sie insofern auch nicht gemeinfrei ist, sondern, wie im Impressum formuliert, den geltenden Urheber- und Leistungsschutzrechten unterliegt.
Zum Werk.
Der Thread ordnet "Shirley" als Hauptwerk von Charlotte Brontë ein. Das widerspricht durchaus der üblichen Wahrnehmung, die "Jane Eyre" als bedeutendstes Werk der Autorin kennt. Kein Wunder! Wie oft ist der Roman inzwischen verfilmt worden? Zuletzt gar noch als Serie. Ich will das Verdienst dieses Romans keineswegs schmälern, aber gegenüber der relativen Monothematik der "Jane Eyre" ist "Shirley" in jeder Beziehung das reichhaltigere Werk. Wie hier die historische Situation der Kontinentalsperre (1806/12) mit den wirtschaftlichen Problemen der englischen Textilindustrie verknüpft wird, die sich wiederum mit dem Maschinensturm der Arbeiterschaft auseinandersetzen muss, - wie genau eine englische Landschaft (Yorkshire) zum Mikrokosmus des Gesellschaftlichen und Menschlichen an sich gestaltet wird, - wie inmitten all der Symptome eines sozialen, religiösen, wirtschaftlichen und emanzipatorischen Gährungsprozesses Liebe und Partnerschaft keimen und gedeihen - all das ist so stimmig und zugleich so unbeschwert in eine große und zugleich spannende Erzählung verarbeitet, dass mir zum Vergleich nur "Middlemarch" von George Eliot einfällt. Ja, ich behaupte geradezu, dass ohne "Shirley" Eliots "Middlemarch", m.E. das Gipfelwerk der Romankunst im 19. Jh., gar nicht hätte geschrieben werden können. Alle von George Eliot angewendeten Verfahren sowie die gesamte Konzeption sind in "Shirley" bereits präfiguriert, aber von Eliot freilich auf eine noch weit höhere Stufe der Meisterschaft gehoben. Eliot muss dieses Werk gründlich studiert haben.
Z.B.: Ist Shirley, die Titelfigur, tatsächlich die Protagonistin? Es dauert immerhin 215 von 700 Seiten, bevor überhaupt einmal ihr Name erwähnt wird; sie selbst taucht erst einige Seiten später (218) in persona auf, und wollte man die verbleibenden knapp 480 Seiten danach prüfen, ob die Handlungs- und Berichtsanteile wenigstens nun mehrheitlich auf Shirley entfielen, könnte man abermals enttäuscht werden. - Zu den beiden weiblichen Hauptfiguren Shirley und Caroline gesellen sich noch die Gebrüder Moore, von denen Louis erst relativ spät in Erscheinung tritt, während Robert neben Caroline von Anfang an das Feld der Handlung beherrscht. - Die wahre Protagonistin wäre somit eigentlich Caroline Helstone, während Shirley die Rolle des Katalysators ausfüllt.
Doch diese absichtsvolle Mehrdeutigkeit in der "Helden"-Frage ist nicht der einzige Punkt, der das Werk mit George Eliots "Middlemarch" verbindet; auch die oben erwähnte Multithematik gehört dazu sowie die Geschlossenheit des Raumes, der einen Mikrokosmos mit Verweis auf das Ganze verkörpert.
Bei der Durchsicht des Werkes hat mir ein ungenannt bleiben Wollender zur Seite gestanden, bei dem ich mich hier ganz herzlich bedanken möchte. - Das Cover verwendet eine anonyme Illustration aus der Ausgabe bei Service & Paton, London 1897. - Dem Text sind 223 Anmerkungen beigefügt; wer meine Uploads kennt, weiß, dass ich solche Erläuterungen bei historischer Literatur für unverzichtbar halte. Sie sind aber nur ein Angebot, wie das gesamte Produkt, das für lau hier heruntergeladen werden kann und bei dessen Verköstigung ich gleichwohl "Viel Vergnügen" wünsche.
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