Other Fiction Hessel, Franz: Der Kramladen des Glücks. (german) V1.1 27 Sep 2013

[Frodok]

Franz Hessel (21. November 1880 in Stettin – 6. Januar 1941 in Sanary-sur-Mer) war ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Lektor.

Franz Hessel veröffentlichte zahlreiche Gedichte, Prosabände und Romane, die gewöhnlich erkennbar eigene Erlebnisse verarbeiteten und in denen meist ein geduldig leidender Ich-Erzähler im Mittelpunkt steht. Neben seinen eigenen Arbeiten leistete er hervorragende Übersetzungen von französischen Klassikern, wie zum Beispiel Marcel Proust. Hessels Werk ist durch die Verfemung als jüdischer Autor durch die Nationalsozialisten weitgehend in Vergessenheit geraten. Erst seit den 1980er Jahren wurde er wieder vermehrt beachtet, mitbedingt durch die Dreiecksbeziehung mit Helen Grund, seiner späteren Ehefrau, und Henri-Pierre Roché, welche die Vorlage für den – durch den Film von François Truffaut berühmt gewordenen – Roman "Jules et Jim" (1953) von Henri-Pierre Roché war.

Hessels Romane "Der Kramladen des Glücks" (1913), "Pariser Romanze" (1920), "Heimliches Berlin" (1927) sowie das postum von Bernd Witte herausgegebene Fragment "Alter Mann" (1987) zeigen einen melancholischen Erzähler in der Tradition Marcel Prousts, der, der verlorenen Vergangenheit nachtrauernd, die Erscheinungen der Moderne zu genießen bereit ist. (aus Wikipedia)

Näheres zum Autor, siehe: Wikipedia


Der Kramladen des Glücks. Literarische Anstalt Rütten&Loening, Frankfurt a. M., 1913.

Hessels Selbstdarstellung ist in seinen Romanen unverkennbar. "Der Kramladen des Glücks" (Ffm. 1913. 1983) reinszeniert das Glück, aber auch die frühen Außenseitererfahrungen in der Kindheit des Autors und führt seinen Helden in die Schwabinger Boheme der Jahrhundertwende. (aus Killy Literaturlexikon)

Von der Station ging der Weg durch einen Buchenwald hinunter zu der Festwiese. Es war bald Mitternacht. Die Scheiter des Johannisfeuers wurden gerade angesteckt, als er näher kam.

Nun sprangen zuerst Waldschrate und wilde Wappenmänner durch den Rauch. Dann nahmen sie Mädchen an die Hand und flogen paarweise. Und die Mädchen schrien auf vor Angst und Übermut.

Unbemerkt war Gustav angekommen. Er stellte sich dicht an die Scheiter und ließ sich das bunte Volk entgegenschimmern und -springen. In all dem Rauch, dem roten Züngeln und dem Taumel der Gestalten erkannte er noch niemand. Er mochte sich auch nicht unter den zuschauenden Gruppen nach Bekannten umsehen. Ihm fehlte ja das richtige Gewand, um sich unter die fahrenden Schüler, Zigeuner, Kobolde und Elfen zu mischen. Er genierte sich in seinem alltäglichen Sommerrock, verlor auch schon die Lust an dem beständigen Zuschauen, fand manche Springer und Springerinnen abgeschmackt und affektiert, die er bei guter Laune komisch und rührend gefunden hätte, und bekam Langeweile.

Je mehr die Flammen nachließen, um so rascher hintereinander kamen Paare und einzelne herübergeflogen.

Gustav wollte gerade seinen Platz verlassen und sich nach einem Trunk umtun, da hörte er einen hellen Schrei und sah was Weißes im Feuer und helles Haar darüber wehen, das fast rot war vom Flammenschein. Zwei Arme ruderten ängstlich da oben, der Saum des Kleides glühte. Dann flog ihm ein roter Stoffrosenkranz mitten ins Gesicht. Und hinterdrein taumelte ein lichtes Geschöpf in seine Arme.

"Brenne ich nicht?" flüsterte sie, "ich bin so kurzsichtig."

Nein, sie brannte nicht.

Wie schnell alles geht, dachte Gustav, kaum bin ich da und habe schon das Glück im Arm.

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[faltradl]

Interessant, der Vater des dieses Jahr gestorbenen Stéphane Hessel.