"Ehre" von Ossip Schubin (EA 1882, 380 Seiten) – ein melodramatischer Gesellschaftsroman, der in den österreichischen Adelskreisen spielt – brachte der Autorin den literarischen Durchbruch.
Spoiler:
Ossip Schubin, eigentlich Lola Kirschner, in privaten Mitteilungen sonst überaus sparsam, hat sich ausnahmsweise 1895 in einem Artikel der Zeitschrift "Deutsche Dichtung" über die Geschichte ihres Romans "Ehre" geäußert. Danach hatte sie in jungen Jahren eine Reihe von Novellen zum Abdruck in Provinzblättern bringen können, von Buchverlagen aber regelmäßig Absagen erhalten. Gescheitert war auch der Versuch, ihre Singstimme ausbilden zu lassen, was zu einer tiefen Depression führte. Ihre Mutter riet ihr, einen ihrer bereits im "Prager Abendblatt" unter dem Pseudonym "Erich Rheinau" erschienenen Roman – "Der gewisse Baron Riedheim" – in neuer Bearbeitung den Verlagen anzubieten. Zu einer bloßen Neubearbeitung ist es jedoch nicht gekommen; Ossip Schubin benutzte im Wesentlichen nur das Motiv und schuf bis Herbst 1879 – sie war damals 25 Jahre alt – ein neues Werk, "Ehre", das beim "Berliner Tageblatt" auf Fürsprache von Fritz Mauthner (der 1876 dort in die Redaktion eingetreten war) als Vorabdruck hätte erscheinen sollen – die Zeitung lehnte jedoch ab. Auf Mauthners Vermittlung wurde das Manuskript schließlich von Hermann Minden, Dresden, angenommen, und dieser bemühte sich vor der Buchausgabe wiederum bei zahlreichen Redaktionen um einen Zeitschriften-Vorabdruck — vergeblich. So erschien der Roman dann als Buch im Dezember 1882 — die Jahresangabe 1883 im Buch selbst erklärt sich aus dem Wunsch, zunächst den Zeitschriften-Vorabdruck – zu dem es nicht kam – abzuwarten. Die Buchausgabe erhielt im Februar 1883 seitens der einflussreichen "Deutschen Rundschau" eine vom Herausgeber Julius Rodenberg selbst verfasste ausgesprochen wohlwollende Kritik, die mit den Worten begann: "Wer Ossip Schubin auch sein möge – des einen sind wir gewiß, – daß er kein junger Mann mehr sein kann!" Der Autor vermutete in dem Verfasser einen viel- und weitgereisten Weltmann, der sich vollendete Lebenserfahrung und psychologischen Scharfblick durch langen Verkehr in den tonangebenden Kreisen angeeignet haben müsse. Keck aufblitzende Geistesblitze verrieten überraschende Menschenkenntnis, und im Werk spreche sich große Vertrautheit mit den Erscheinungen und Gebräuchen der modernen Gesellschaft aus. — Meyers Konversationslexikon musste 1888 (in dem damals üblichen herablassenden Ton gegenüber weiblichen Autoren) zugeben, dass Ossip Schubins "Werke (...) eine bei Frauen ungewöhnliche Schärfe der Beobachtung, eine kaltblütige Charakteristik der gesellschaftlichen Halb- und Dreiviertelswelt, eine außerordentliche Lebendigkeit in der Darstellung der internationalen Reisegesellschaft, eine glänzende Sicherheit in der Wiedergabe des gemütlosen, halbfrivolen Tons, in welchem sich ebendiese Gesellschaft gefällt, aufweisen. Die Vorbilder zu diesen Darstellungen findet Ossip Schubin bei Turgenjew und einigen neuern Franzosen."
Eigenes OCR eines GoogleBooks-PDF-Scans (5. Aufl. 1889) &c.
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