Georg Wegener (31. Mai 1865 - 8. Juli 1939) war ein deutscher Geograph, Forschungsreisender und Professor an der Handelshochschule in Berlin.
Erinnerungen eines Weltreisenden – ist ein Auszug aus Wegeners Werk "Der Zaubermantel"
(1. Auflage Leipzig 1919). Es beinhaltet einige seiner interessantesten Reisegeschichten aus der Südsee, den Vereinigten Staaten, Südostasien und Indiens.
Quote:
Im Herzen von Birma, sechs Tagereisen Stromfahrt den Irrawaddi aufwärts von der Hafenstadt Rangun, liegt die letzte Hauptstadt des ehemaligen birmanischen Königreichs, liegt Mandalay, die seltsamste, traumhafteste Stadt von Asien. Ich sah sie im März 1911 auf einer Reise nach Oberbirma, die ich an meine Fahrt mit unserm Kronprinzen durch Vorderindien anschloß. Noch heute zählt Mandalay weit über hunderttausend Einwohner, es hat elektrische Straßenbahnen und moderne Markthallen, erfüllt von geschäftigem Getriebe.
Und dennoch hatte ich das Gefühl, als sei die Stadt bereits in Wirklichkeit verschwunden, weggewischt vom Erdboden wie ihre verschiedenen Vorgängerinnen, eigentlich nur noch eine Fata Morgana, ein altes Lied, ein orientalisches Zaubermärchen. Im Jahre 1857 erst gründete König Mindon diese Riesenstadt, die an Pracht alle früheren noch überragen sollte. 1878 kam sein brutaler, anscheinend cäsarenwahnsinniger Neffe Tibo zur Regierung, der, ganz in den Händen seiner ehrgeizigen, leidenschaftlichen Hauptfrau Supaya Lat, seine Herrschaft zunächst mit einem grausamen Massenmord unter seinen nächsten Verwandten begann, den Königspalast mit noch gesteigertem Luxus erfüllte und dann in törichter und ganz undiplomatischer Weise mit den Engländern aneinandergeriet.
Diese nutzten die Gelegenheit, drangen 1885 rasch mit einer Armee den Irrawaddi hinauf, eroberten im Handstreich Mandalay und nahmen den Übermütigen, der so etwas nicht entfernt für möglich gehalten hatte, inmitten seines goldenen Palastes gefangen. Dem birmanischen Königtum wurde ein Ende gemacht, das Land dem britisch-indischen Kaiserreich als Provinz einverleibt, und um allen Verschwörungen und Aufständen vorzubeugen, wurden nicht nur König Tibo und seine Gattin selbst, sondern auch die einflußreichsten Mitglieder der königlichen Familie aus Birma verbannt und nach verschiedenen Orten Vorderindiens ins Exil geführt.
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