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Old 09-15-2010, 06:19 PM   #2
Manichean
Wizard
Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.Manichean is the 'tall, dark, handsome stranger' all the fortune-tellers are referring to.
 
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Ich mache auch den Anfang. Nebenbemerkung: Mit einer Stadtkarte könnte man den Weg sogar nachvollziehen, ich sag aber nicht, welche man dazu braucht. Bonuspunkte, wer es rät Zweite Nebenbemerkung: Mein erster Versuch überhaupt, irgendetwas anderes als Haiku zu schreiben.

Nachtspaziergang

Vor der Tür ist es warm. Im Schein der Straßenlampen erste Schritte. Zügig zuerst, aber nicht schnell, aus der bekannten, alltäglichen Umgebung heraus. Langsam ruhiger werdend, bildet sich ein Rhythmus- zwar nicht exakt, kein Metronom, aber doch regelmäßig. Leere Straßen, geparkte Autos, Wohnhäuser mit dunklen Fenstern.

Ein Park. Baumschatten gegen den anthrazitfarbenen Himmel. Weniger Lampen, doch Erinnerung und das schwache Umgebungslicht reichen aus. Kies knirscht unter den Füßen, der laue Wind rauscht leise in den Blättern. Über die Wiese, die Halme im Mondlicht silbrig glänzend. Hier, auf dem leichten Hügel stehend, hört man keine Stadtgeräusche. Schlafende Häuser schemenhaft hinter den Bäumen, Autos stehen auf der schmalen Straße unter vereinzelten Laternen. Wieder gehen, diesmal beinahe sofort im schon gewohnten Rhythmus.

Die Kronen der Bäume im Wald sind zu dicht, um wirklich Licht hindurchzulassen, außerdem fehlen Straßenlampen vollständig. Wege matt dunkelgrau im schwarzen Unterholz, kaum sichtbar. Langsamer, vorsichtiger, aber doch zielsicher die Schritte auf erdigem Boden. Es riecht nach Grün: Blätter, Holz, Erde. Im Waldboden überall das Rascheln kleiner Tiere und Insekten, weiter weg entfernt sich ein größeres Tier. Anhand der teilweise durch die Stämme zu erkennenden Lichter der Straßen läßt sich die Orientierung ausreichend aufrechterhalten. Am Rand des Waldes wieder in den gewohnten Rhythmus, obwohl das Licht einer einzelnen Laterne an der Kreuzung fast blendend ist.

Kurze Zeit später spiegelt sich der Mond im bewegten Wasser. Hier ist der Wind nach dem warmen Tag angenehm kühl, das wissen auch einige wenige Andere zu schätzen- vereinzelte Spaziergänger, auch alleine oder aber zu Zweit. Einzelne Bänke besetzend, gemurmelte Gespräche, leises Lachen. Stege unterbrechen das Wasser und ziehen wieder vorbei. An Einem liegt ein Schiff, leise brummt der Generator, sonst schläft jeder. Plätschernde Wellen an der Mauer, es riecht ganz leicht nach Salz.

In den Straßen findet das statt, was sonst in den Clubs und Restaurants passiert. Leute stehen und sitzen in großen Trauben vor den Eingängen, Gläser oder Flaschen in den Händen. Vereinzelt, hauptsächlich an den Rändern der Gruppen, sind die roten Leuchtpunkte von Zigaretten zu sehen. Laute Gespräche, Lachen, Musik. Gelegentlich ist sogar ein Motor zu hören: Ein Taxi, Gäste holend oder bringend, hält für kurze Zeit am Straßenrand.

Als die Clubmusik langsam hintenaus leiser wird, ist durch die leere Straße leise Jazz zu hören. Beim Näherkommen vor dem Dunkel einer Wiese ein hell erleuchtetes Rechteck: ein Kiosk, der trotz später Stunde geöffnet hat, der Verkäufer, den Jazz aufgedreht, liest mit aufgestützten Ellenbogen eine Zeitung. Auf der dunklen Wiese dahinter ein Teich, im spiegelglatten Wasser die Lichter des Jahrmarkts.

Die Geschäfte am Straßenrand leer, die Auslagen unbeachtet. Tagsüber so einladend geöffnete Türen versperrt und alarmgesichert. Dunkle, unbeleuchtete Fenster wie leere Augenhöhlen. Auf dem Weg zurück hallen die Schritte zwischen den mehrstöckigen Häusern, ein einzelnes Fenster beleuchtet, leise Musik und Stimmen.

Hinter der Tür ist es immer noch warm.
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