Copyright: Aus Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg Verlag)
Handorakel und Kunst der Weltklugheit
OT Oráculo manual y arte de prudenciaOA 1647 DE 1686Form Spruchsammlung Bereich Philosophie
Den seltsamen Haupttitel, den der bedeutendste Aphoristiker Spaniens seinem Brevier über die Kunst der Weltklugheit gab, wollte Baltasar Gracián y Morales als »Handspiegel zur Selbsterkenntnis« verstanden wissen.
Entstehung: Als Herausgeber der 300 freimütigen Sentenzen, die der Kirche suspekt erscheinen mussten, fungierte der renommierte Gelehrte Juan Vicente de Lastanosa und angeblich handelte es sich um das Werk eines Lorenzo Gracían. Doch niemand hatte Zweifel an der wahren Verfasserschaft. Der Stil des conceptismo verriet den Autor. Die Manier, Denksprüche und Ratschläge für diplomatisches Verhalten durch äußerst knappe Formulierungen, bizarre Metaphern und Wortneuschöpfungen spielerisch zu verrätseln, war typisch für Gracián. Mit zwei Traktaten über die Idealvorstellung vom »Weltmann« bzw. vom »Helden« und mit einer Stilkunde (Kunst der Erfindung, 1642) gehörte er bereits zu den Meistern des Konzettismus.
Inhalt: Zu einer Zeit, in der die fortdauernde Gültigkeit des humanistischen Bildungsideals der Renaissance immer stärker in Zweifel gezogen wird, rät der weitblickende Philosoph von der Verklärung der Vergangenheit ab und empfiehlt bei allem Denken und Handeln »Geistes-Gegenwart«. Mal umsichtig abwägend, mal kategorisch fordernd erklärt er, was zu tun und zu lassen sei, um sich in einer geistig, politisch und wirtschaftlich, aber auch im Alltag komplizierter gewordenen Welt zu behaupten – ohne freilich unklugerweise die Moralgesetze zu übertreten.
Wirkung: Bis heute gilt diese ganz vom Diesseits, von der Problematik des Allzumenschlichen und von Skepsis gegenüber der Vernunft der Machthaber geprägte »Schule der Weltklugheit« als einer der besten taktischen Lebensratgeber der Weltliteratur. Arthur R Schopenhauer sah in Gracián einen Gleichgesinnten, was seine Ansichten über die Unzulänglichkeit des menschlichen Charakters betraf, und übertrug »dieses Lehrbuch der Kunst, die alle Menschen üben sollten« kongenial ins Deutsche (1862). G. Woe.
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