Hallo Zusammen!
Ich lese hier seit einer Weile mit und habe mich nun auch mal angemeldet, um meinen Senf und Frust dazugeben zu können.
Ich liebäugle schon seit geraumer Zeit mit einem eBook Reader, mangels zusagendem Gerät und natürlich auch einer gewissen innerlichen Weigerung, für eBooks den selben Betrag wie für ein produktionskostenintensives gedrucktes Buch zahlen zu müssen, allerdings nicht sehr konkret. Vor einer Weile habe ich nook und txtr entdeckt und damit ist eine Schranke gefallen, die andere (die des eBook-Preises) kann dem Habenwollen nun nicht mehr standhalten...
Aber nun zu meinem Senf:
Die Umfirmierung von einer Ltd. zur GmbH macht man in der Phase eines Unternehmens, in der die txtr-Macher gerade stecken, nur aus einem Grund: die Geldgeber verlangen danach. Denkbar wären auch Forderungen von Kooperationspartnern, allerdings eher selten und im Falle von txtr auszuschließen, da nur E-Plus in Frage käme und die beiderseitigen Abhängigkeiten nicht groß genug sind (um solche Forderungen zu stellen bzw. sich darauf einzulassen).
Ob die aktuelle, kurzfristige Änderung des Funktionsumfanges darauf schließen lässt, dass noch keine Geräte produziert wurden, würde ich eher verneinen (man kann keine Rückschlüsse ziehen). Es ist grundsätzlich durchaus möglich, dass die erste (schon produzierte) Charge durchaus WLAN-Hardware enthält, die lediglich software- und/oder hardwareseitig deaktiviert ist, und erst zukünftig produzierte Geräte zwecks Kosteneinsparung dann ohne WLAN-Modul hergestellt werden. Ich halte die txtr-Leute inzwischen zwar leider für sehr naiv, dass sie allerdings so dumm sind, in Kürze ein Gerät ausliefern zu wollen, dessen Hardware gerade erst fertiggestellt wird oder noch nicht einmal final ist, kann ich mir nicht vorstellen. Dabei passiert es so schnell, dass Geräte mit konstruierten Hardware-Defekten ausgeliefert werden, die dann im Rahmen der Garantie getauscht werden müssen, dass dies russischem Roulette gleich käme. So etwas hat starke, etablierte Unternehmen schon schwer geschädigt, für ein Startup wäre das der Ruin.
Dass man sich kurzfristig vor Verkaufsstart dazu entschließt die Hardware einzuschränken, ist nicht erfreulich, aber letztlich muss txtr von der Produktion des Gerätes leben können und daher sind solche Entscheidungen auch hinnehmbar. Auch wenn es bedauerlich ist, dass gerade WLAN weggefallen ist. Nicht hinnehmbar ist allerdings, dass man dabei fadenscheinige Ausreden erfindet, auf gut deutsch: diejenigen belügt, die die wichtigsten Kunden in der Laufbahn des Unternehmen sein werden, nämlich die Erstkäufer. Allerdings zeigt sich in den genannten Gründen (respektive Ausreden) sehr deutlich die Naivität der Verantwortlichen, wenn sie glauben, dass das nicht durchschaut wird. Der Markt der eBook-Reader ist nach wie vor eine Nische, die Nutzer sind zu fast 100% technikaffin und durchschauen die vorgeschobenen Gründe sofort. Wie txtr ja nun schön in tausenden Blog-Einträgen nachlesen kann.
WLAN ohne Tastatur/Touchscreen zu schwierig zu konfigurieren? Mit einem durchdachten Eingabekonzept ist auch die Eingabe eines endlos langen Passwortes nur mit Steuerkreuz und einer Bestätigungstaste ein Kinderspiel (siehe Roku/Pinnacle Soundbridge). Selbst wenn man es ganz dämlich macht, wäre das kein Argument gegen WLAN, da man das Passwort ja nur einmal pro Hotspot eingibt.
WLAN zu teuer? Sicher mag Bluetooth billiger sein, aber WLAN kostet kein Vermögen. Ein quasi-Plug'n'play MiniPCI-WLAN-Modul für Notebooks nach aktuellem Standard und guter Qualität (Marktführer) ist selbst für Endkunden im Einzelverkauf für unter 15 Euro inkl. Versand erhältlich. Und zwar beim Händler im Hochlohnland, nicht in Fernost, wo es sogar zum Bruchteil dessen erhältlich ist! Wenn man diese Module in Fernost (wo auch txtr einkaufen wird) in größeren Mengen kauft, kosten die weniger als 2 Euro. Wenn man wie txtr kein fertiges Modul, sondern nur die Chips für On-PCB-Integration kauft, dann liegen die Kosten unter einem Euro (wenn man nicht sehr viele kauft, dann vielleicht auch über einem Euro). Allerdings sind dann die Entwicklungskosten höher (wegen Eigenintegration), aber die wurden ja schon getätigt.
WLAN-Treiber zu teuer/aufwändig? Wohl kaum, hierfür genügt ein Blick auf die Mobiltelefone. Alle Mobiltelefone haben seit Jahren Bluetooth, manche Modelle haben auch WLAN. Das WLAN, obwohl in Handys verglichen mit Bluetooth noch recht neu und selten, funktioniert bei allen Geräten tadellos. Bei Bluetooth gibt es jedoch trotz der jahrelangen Existenz immer noch Probleme aufgrund von Inkompatibilitäten und unausgereiften Treibern. Woran liegt das? Zusätzlich zum Bluetooth-Basisprotokoll müssen je nach Anwendungszweck mehr oder weniger viele sogenannte Profile unterstützt werden, die zudem noch starken Veränderungen/Weiterentwicklungen unterliegen. All das gibt es bei WLAN nicht.
Probleme beim Stromverbrauch? Möglich, aber spielt das eine Rolle bei einem Gerät, dass immer nur ganz kurz WLAN aktiviert um Daten zu synchronisieren. Es ist ja kein Webbrowser darauf, der ständig Daten überträgt. Selbst wenn der Stromverbrauch groß ist, für den Anwendungszweck spielt es keine Rolle. Also wohl eher kein plausibler Grund.
Der txtr zu teuer? Das mag sein, aber wer nur auf den Preis schaut, der wird den txtr auch nicht für 250 Euro kaufen. Für diejenigen, die sich für den txtr interessieren, hat sich das Preis-Leistungs-Verhältnis wohl in fast jedem Fall verschlechtert.
Es ist also offensichtlich, dass die von txtr genannten Gründe nur vorgeschoben sind, um die Wahrheit nicht beim Wort zu nennen: mit WLAN würden die meisten Leute auf das txtr-Pro-Abo verzichten, damit wäre also kein Geld zu verdienen. Das Abo kostet 12 Euro monatlich, wer glaubt, dass txtr daran nicht gut verdient, der ist auf dem Irrweg. Beim gleichen Mobilfunkanbieter bekommt man eine Datenflat zur alleinigen Nutzung mit dem Mobiltelefon für 10 Euro. D.h. man darf die SIM nicht in einem UMTS-Modem für Computer verwenden und das Telefon auch nicht als Modem für einen Computer benutzen. Mit dem Telefon selbst darf man jedoch so viel Transfer erzeugen, wie man möchte. Bei den heutigen Internetseiten kommen pro Seite locker 50 KB zustande, in der Regel weitaus mehr (200-300kb). Mit ein bisschen Herumsurfen kommt man schnell auf 2-3 MB pro Sitzung. Ein paar Videos bei Youtube angeschaut und schon sind 10 MB und mehr übertragen. Viele lassen auch ihren Mailaccount abfragen. Bei einem automatischen Intervall von 10 Minuten kommen da pro Account leicht 40 MB pro Monat zusammen, ohne dass auch nur eine Mail übertragen wurde! Bei einer normalen/gelegentlichen Nutzung einer solchen Flat kommt man also weiteres auf 200 MB pro Monat, bei intensiver Nutzung auch deutlich mehr. Und dementsprechend ist auch der Preis für diese Flat kalkuliert. Natürlich gibt es die für Großabnehmer weitaus günstiger, dass sieht man an den zahlreichen Resellern, die alle nur bei den vier Netzbetreibern einkaufen, und die diese Datentarife locker unterbieten. txtr ist für E-Plus ein ebensolcher Reseller, bekommt also auch weitaus günstiger Preise als der Endkunde, wenngleich auch nicht in dem Maß, wie die großen Mobilfunkreseller. Dann kommt aber noch ein wesentlicher Unterschied zum Tragen: der txtr hat keinen Browser, kann nur auf den txtr-Account/-Shop zugreifen. Bei diesen Daten handelt es sich nicht um gewöhnliche (aufgeblasene) HTML-Seiten, sondern um speziell für den txtr zugeschnittene XML-Daten. Im Prinzip so etwas wie damals WAP, mit vergleichbaren Datenvolumina. Selbst bei intensivster Nutzung des Shops, wird man hier nur auf wenige MB pro Monat kommen. Da der txtr nur ein GPRS-Modem hat (kein UMTS), wird auch niemand auf die Idee kommen, irgendwelche riesigen PDFs aus seinem txtr-Account zu synchronisieren, denn diese Übertragungen würden Stunden oder gar Tage benötigen. Zwar sind bei GPRS theoretisch durchaus ISDN-Geschwindigkeiten und mehr drin, wer jedoch die Realität vom Mobiltelefon mit deaktiviertem UMTS kennt, der weiß, dass selbst ein 56k-Modem im Vergleich dazu schnell wie der Blitz ist (die langen Verzögerungen zwischen den Paketen bremsen GPRS so aus). Das mit dem txtr Reader anfallende Datenvolumen pro Monat ist selbst bei intensiver Nutzung lächerlich im Vergleich dazu, was bei einem Mobiltelefon mit Flat anfällt. Solche Aspekte fließen natürlich auch in die Verhandlungen mit E-Plus ein. Zwar ist txtr kein ausgesprochener Großabnehmer, dennoch schätze ich großzügig, dass txtr von diesen 12 Euro höchstens 4 Euro an Base zahlt, vermutlich deutlich weniger. Das sind im Jahr 96 Euro und mehr, ein sehr lukratives Geschäft im Vergleich zum Reader.
In finde das auch gar nicht verwerflich, schließlich soll das Unternehmen florieren. Niemand hat etwas davon, wenn das Unternehmen mangels Einnahmen in den Konkurs geht. Am allerwenigsten kann das im Interesse der Gerätebesitzer sein. Aber was ist so schlimm daran, einfach zu sagen, dass man mehr Umsatz generieren muss? Warum versucht man stattdessen die Zielgruppe zu verarschen, die das Ganze sofort durchschaut? Die eReader sind ein Nischenprodukt und die Zielgruppe ist an Technik interessiert, insbesondere die eines offenen Systems wie txtr.
Der Witz an der Sache ist, dass diese ganzen Bestrebungen bei einem offenen System mit USB-Hostcontroller völlig nutzlos sind. Wenige Monate nach Verbreitung der Geräte wird es Lösungen geben, den txtr an einen USB-WLAN- und/oder USB-LAN-Adapter anzuschließen, hier wird zwar eine zusätzliche Stromversorgen notwendig werden, aber die kann ja auch ein kleiner Akku sein. Bedingt durch das brillante Konzept, die Firmware nur auf der Speicherkarte abzulegen und das Gerät damit unbrickable zu machen, kann man gefahrlos experimentieren. Das beschleunigt die Entwicklung enorm und ich gehe davon aus, dass es nur wenige Wochen dauert, bis die ersten Lösungen auftauchen.
Die Jungs von txtr sind nicht dumm und denen wird dieser Umstand klar sein, aber was soll man machen, wenn die Geldgeber gesichertere Einnahmen sehen wollen. Banker sind leider völlig beratungsresistent, wenn die einen permanenten Geldzufluss wittern (Abo). Da kann man sich den Mund fusselig reden, dass die Beschränkung der Hardware nur nachteilig ist und man das Abo nicht erzwingen kann. Die Banker sind dumm und sitzen am längeren Hebel.
Der nächste Schwachsinn ist nun das Vorbestellungstheater. Unverbindliche Vorbestellungen haben noch nie was getaugt, aber woher sollen die Jungs das wissen, dazu fehlt denen die Erfahrung. Es ist ja lieb gemeint, frühe Interessenten bevorzugen zu wollen, geht aber in der aktuellen Art und Weise vollkommen nach hinten los. Das grundsätzliche Problem bei unverbindlichen Reservierungen ist, dass dann bei den Leuten der alte Jäger und Sammler durchkommt. Da melden sich dann unzählige Leute an, weil man ja nicht weiß, wofür man es mal brauchen kann und man geht ja kein Risiko ein. Mindestens 98% dieser "Interessenten" werden aber nie etwas kaufen. Bei txtr kommt jetzt noch hinzu, dass es gar keine Vorbestellung gab, sondern nur einen Newsletter, bei dessen Abonnierung man dieses Sonderrecht bekam. Ich kann mich täuschen, meine aber, dass man diese Info sogar erst bekam, nachdem man das Formular abgeschickt hat. Was passiert nun bei txtr? Die haben unzählige Newsletterabonnenten, glauben aber, das seien alles Vorbestellungen. Die schicken nun den ersten Leuten ihre Bestelllinks und müssen dann erstmal warten, bevor weitere verschickt werden., Man muss den Leuten ja Zeit geben die E-Mail zu empfangen/lesen und dann auch zu bestellen. Ich denke die werden mindestens einen Tag warten. Von den ganzen "Vorbestellern" wird ein ganz großer Teil aber eigentlich nur Interesse am Newsletter gehabt haben. Weitere Leute fallen weg, weil die sich inzwischen schon was anderes gekauft hat, weitere werden wegen den aktuellen Änderungen abspringen und wieder andere, meiner Meinung nach ein nicht zu verachtender Teil, wird nicht bestellen, weil sie keine Kreditkarte haben.
Wenn man so etwas vernünftig machen will, geht das nur mit verbindlichen Vorbestellungen. Und das schließt eine Priorisierung früherer Interessenten nicht aus, denn zwischen Bestellung und Versand vergehen ja zwei Wochen. Genug Zeit, um die Liste der Besteller nach Newsletter-Abo-Datum zu sortieren.
Aber damit ich nicht nur Offtopic schreibe:
Für mich kommen nur zwei Geräte in Frage: txtr oder nook.
Alle anderen Geräte sind mir zu ramschig oder haben spiegelnde Displays.
Bis vor wenigen Tagen war txtr mein Favorit. Wegen der offenen Architektur, weil er etwas kleiner ist und weil er vielleicht noch vor Weihnachten zu haben gewesen wäre (ja, ja...). Mein Vertrauen hat txtr aber momentan verloren, weniger wegen fehlendem WLAN (dass kommt dann eben über eine externe Box) als vielmehr aufgrund der Art und Weise. Gegen den nook spricht eigentlich nur, dass noch unklar ist, ob fremde DRM-ePubs laufen. Das Gerät wird aber in ein paar Tagen ausgeliefert, dann werden die glücklichen Besitzer das testen können. Wenn es geht, dann wird es ein nook, den OnBoard-Shop werde ich ohnehin nicht nutzen (auch nicht beim txtr, da wäre B&N eher noch attraktiv). Wenn der nook nur mit DRM-ePubs von B&N umgehen kann, dann muss ich leider beim txtr bleiben. Schneller verfügbar wäre vermutlich der nook, denn wenn txtr weiter so vorgeht, dann ist Februar und die haben immer noch keine 100 Bestellungen zusammen...
Sorry für den langen Text. Das war'n Einstieg, was?
Viele Grüße
Dominik