In einer zeitgenössischen Darstellung wird Sophie Albrecht so charakterisiert:
»Von ihrer ersten Jugend an zeigte sie im Thun und Handeln Knabensinn. Sie bewies oft ungemeinen Muth und eine beinah unglaubliche Standhaftigkeit; was sie sich einmal vorgesetzt hatte, mußte durchgesetzt werden, es mochte kosten, was es wollte. Sie war im Stande, alles Gegensätzliche zu vertheidigen, und das Beharren dabei auf das Schmerzhafteste mit ihrem Körper zu büßen. So war es ihr ein Geringes, von andern Kindern sich bis auf das Blut kneipen zu lassen; oft hielt sie den Finger über das Licht oder ins Feuer, bis er fast halb verbrannt war, um zu beweisen, daß sie Standhaftigkeit besitze. Einmal hatte sie sogar den Muth, oder vielmehr die Verwegenheit, von einer ziemlich hohen Gallerie herabzuspringen, weil einige ihrer Gespielinnen behaupteten, daß sie das Herz dazu nicht haben würde. Dieser Fall lief sehr unglücklich ab, und hätte ihr leicht das Leben kosten können, wenn nicht so schleunige als gute Hülfe angewandt worden wäre. Sie hatte sich den Kopf aufgeschlagen und die Wunde gieng bis ins Gehirn. Nach der Zeit war sie zwar nicht mehr so verwegen, aber ihren Muth und ihre Standhaftigkeit behielt sie auch in der Folge bei, nur daß sie mit den reiferen Jahren mehr Bestimmtheit mit bedachtsamer Überlegung und Verstande erhielten. Bei allem dem fehlte es ihr an keiner von den Eigenschaften, welche das weibliche Geschlecht so liebenswürdig machen. Sie war in hohem Grade zärtlich und empfindungsvoll, bei aller Munterkeit zur Traurigkeit geneigt, äußerst mitleidig. Sie konnte bei dem Leiden eines Menschen oder Thieres oft bis zur Ohnmacht gerührt werden, und doch läßt sie sich mit eigener Hand zur Ader. Sie ist bei den größten Gefahren standhaft. Als sie einst auf einer Seereise acht Tage lang zwischen Tod und Leben auf dem Schiffe mit den Wellen kämpfen mußte, verlor sie im geringsten nicht ihre Fassung; aber die kleinste Verletzung einer Freundschaftspflicht gegen sie selbst oder einen andern kann ihre ganze Seele erschüttern. Sie ist nicht gern in großer Gesellschaft, lieber im Zirkel guter Freunde, und am liebsten allein in ihrem Studirzimmerchen. Eine freie grüne Flur, ein einsamer Wald, überhaupt alle Schönheiten der Natur vermögen sie hinzureißen; auch an ihren fürchterlichen Scenen findet sie Wohlbehagen, denn sie liebt schwärmerisch das Außerordentliche. Für Putz und Flitterstaat hat sie keinen Sinn, sie liebt nur einen reinen einfachen Anzug, den sie mit vielem Geschmack zu ordnen weiß, so wie Reinheit der Sitten bei ihr über alles geht.«
Zitat aus: Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten, Sechster Band, Supplemente, herausgegeben von Karl Heinrich Jördens.
Leipzig: Weidmannische Buchhandlung, 1811. (Seite 551)
Quelle.
http://www.wortblume.de/dichterinnen/albrec_b.htmThis work is assumed to be in the Life+70 public domain OR the copyright holder has given specific permission for distribution. Copyright laws differ throughout the world, and it may still be under copyright in some countries. Before downloading, please check your country's copyright laws.
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