Soweit ich weiß, basieren fast alle aktuell verkauften Geräte auf Linux. Die wenigsten davon erlauben aber dem Endnutzer, dass er das Betriebssystem und die Applikationen verändern darf. Man kriegt zwar - entsprechend der GPL-Bedingungen - die Quelltexte, aber man hat davon wenig, wenn z.B. das Gerät die Installation eigener Software verhindert oder wesentliche Teile das Systems Closed Source sind.
Wenn Anbieter wie txtr, iRex oder Pocketbook ein SDK anbieten, so dass man eigene Applikationen entwickeln und installieren kann, ist das am Ende leider trotzdem nur ein geringer Vorteil, denn die Hersteller haben sich z.B. nicht auf gemeinsame Standards geeignet, etwa bei Widgets und Systembibliotheken. Applikationen sind dann also eher gerätespezifisch und lassen sich nur schwer portieren.
OpenInkpot ist da anders, weil es ein geräteunabhängiges Basissystem inkl. e-reader-spezifischer Software zur Verfügung stellt. Im Idealfall kann ein Softwareentwickler sein Programm dann für OI entwickeln und es läuft im Anschluss auf allen Geräten, auf denen OI läuft. OI liefert dabei die Abstraktionsschicht, so dass die Anpassung an gerätespezifische Eigenheiten (Reader hat 4 Tasten, 10 Tasten oder eine ganze Tastatur, Reader hat Netzwerk oder keins, Touchscreen oder nicht, etc.) einfacher wird.
Darin sehe ich den eigentlichen Vorteil von einem Open Source Reader: Dass Entwickler nicht das Rad immer wieder neu erfinden müssen, wenn sie eine Applikation wie eine Sternenkarte oder einen Metro-/Busplan programmieren. Dass eine Software wie fbreader auf allen OI-Geräten in gleicher Versionsnummer zur Verfügung steht und weiter gepflegt wird, so dass Bugfixes allen zu Gute kommt.
Ein weiterer besonderer Vorteil ist, dass OI von jedem übersetzt werden kann. Wenn also jemand einen Reader in einer seltenen Sprache verwenden will, kann er das übersetzen und alle OI-Nutzer dieser Sprache haben etwas davon, egal, welche Hardware sie verwenden.
Ganz so weit ist OI aber leider noch nicht. Es läuft bisher "nur" auf dem V3 und dem N516, zwei äußerlich sehr ähnliche Geräte ohne Netzwerk, ohne Touchscreen und mit wenigen Tasten. Intern sind die beiden aber sehr unterschiedlich. Hier zeigt sich dann, dass OI tatsächlich vollkommen unterschiedliche Hardware aus Entwicklersicht "gleich" machen kann, so dass die gleiche Variante von fbreader auf beiden läuft. Bis OI auf Readern mit Netzwerk oder Touchscreen läuft, ist noch einiges zu tun.
Die OI-Macher suchen übrigens händeringend Hilfe von Leuten, die das Basissystem (Kernel und Systemsoftware) für andere Geräte portieren und dann dort Treiber pflegen können. Das Sony PRS505 ist das nächste Ziel, aber sie sind überzeugt, dass man OI auch auf den Kindle und andere Hardware portieren kann. Wer einen von OI nicht unterstützten Reader hat und sich zutraut, dafür einen Linux-Kerneltreiber zu hacken, dürfte bei OI viel Spaß haben.
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