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Originally Posted by mtravellerh
Ich bin vielleicht wirklich altmodisch, aber ich hasse vereinfachte und "modernisierte" Fassungen eines Stoffs. Lesen soll nicht "einfach" sein. Es ist gerade die multiple Facettierung, die für mich den Reiz ausmacht. Modernisierte Versionen sind Fastfood für den Geist.
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Eine deutsche Übersetzung sollte für den deutschsprachigen Leser genauso zu lesen sein wie das Original für den Leser im Enstehungsland.
Das heißt nicht, dass der Inhalt vereinfacht sein sollte oder für die Entstehungszeit des Werkes unpassende Begriffe verwenden sollte (wie bspw. "Chef" in einer der neueren Übersetzungen vom Herr der Ringe). Eine Übersetzung ins Deutsch des 17./18. und auch des frühen 19. Jh. erfüllt diesen Anspruch heute einfach nicht mehr. Dazu hat sich unsere Sprache in den letzten 150 Jahren zu stark gewandelt.
An dieser Stelle kommen dann auch richtig alte deutsche Originalfassungen ins Spiel: Die dort verwendet Sprachweise ist heute aufgrund des Wandels unserer Sprache genauso schlecht verständlich wie eine misratene Übersetzung.
Die Ur-Fassung vom Eulenspiegel ist sogar in der Sprache des 15. Jh. gehalten und somit heute...nun ja...schwierig lesbar.
Die Neufassung von Kästner sehe ich bspw. überhaupt nicht als "Fastfood" an. Kästner und Fastfood - erschreckender Gedanke
Das Ziel von Fiction ist nach meinem Verständnis ein Spiel mit der Fantasie sowie der Interpretationsgabe des Lesers und nicht ein hoher Schwierigkeitsgrad. Ausnahme sind natürlich die Genres, welche die Kunst der Sprache als solche zugrunde legen.
Als kleine Entschädigung gibt es aber heute für Liebhaber die "20000 Meilen unter dem Meer" von Jules Verne in schöner auch heute noch wunderbar lesbarer Übersetzung und Sprachweise von 1874.