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Old 10-18-2016, 07:52 AM   #1244
Gudy
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Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.Gudy ought to be getting tired of karma fortunes by now.
 
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Bei Michael Fridmans Maggots of Heresy habe ich, wie bei den meisten meiner e-Books, keine Ahnung, woher ich das Ding habe. Es scheint aber inzwischen nicht mehr verfügbar zu sein; selbst die Web-Site des Autors scheint es nicht mehr zu geben. Das finde ich zwar merkwürdig, aber zur Not steht das Buch immer noch unter einer Creative Commons nc-nd Lizenz, lässt sich also an beliebig viele Personen weitergeben.

Aber wieso sollte man das? Oberflächlich betrachtet ist Maggots of Heresy eine einfache Geschichte, die in einem fiktiven Goldenen Zeitalter Bagdads spielt und in Erzählstruktur, Duktus und Szenerie an die Geschichten aus 1001 Nacht erinnert. Ach ja, die herrschende Religion ist Djinnologie (und nicht Islam) und die Geschlechterrollen sind vertauscht: Bagdad ist ein Matriarchat, Frauen dürfen Harems aus beliebig vielen Männern haben, und letztere sind gesellschaftlich mit den typischen Attributen des "schwachen" Geschlechts ausstaffiert: zu doof, zu geistig schwächlich und anfällig für alles außer schwerer körperlicher Arbeit, Sex und Haushalt.

Wo dann auch die Handlung der Geschichte ansetzt, deren Protagonistin eine Frau ist, deren Männer alle lesen (und schreiben!) können, die Kinder beiderlei Geschlechts selbst erziehen (statt dies einer Tutorin zu überlassen, wie es sich gehört) und selbst geistes- und naturwissenschaftlich tätig sind. Ihre ehemals beste Freundin ist nun Kalifin und hat eine Studie in Auftrag gegeben, welche die geistigen Fähigkeiten des schwachen Geschlechts erfassen und historisch-djinnologisch bewerten soll. Durch diese widrigen Umstände ist die Heldin nun gezwungen, ihre "Schändlichkeiten" öffentlich zu machen und bewusst der herrschenden Orthodoxie zu trotzen. So weit, so nicht völlig verkehrt.

Allein, das Buch ist so derartig ernsthaft bemüht, aber auch wirklich jeden Stichpunkt des Feministischen Diskurses, jedes bereits unzählige Male durchgenudelte Argument und Gegenargument aufzugreifen, dass es unter seiner ideologischen Last schier zusammenzubrechen droht. Da bleibt kein Platz für cleveres World Building - nicht einmal im Versatzstück-Stil einer Frau Rowling - oder brillante Charaktere, geschweige denn interessante Perspektiven, sprachliche Eleganz oder erzählerische Tiefe. Es bleibt, mit anderen Worten, oberflächlich.

Ich habe ja hier schon das eine oder andere Mal meinen Unmut über Autoren geäußert, die ihrem ideologischen Sendungs- und Agitationsbewusstsein so weit freien Lauf lassen, dass darunter die Erzählung leidet. Betraf dies nach meiner Erfahrung bisher eher Denkrichtungen, mit denen ich selbst ein Problem habe (Rechtskonservativer Militarismus, Libertarismus, ...), ist nun die geschlechtliche Gleichstellung dran, mit der ich 100%ig übereinstimme. Zu meinem Unmut und meiner Erleichterung macht das die Sache aber auch nicht besser.

Ich werde es mal noch mit Fridmans Kurzerzählung The Internal Clock versuchen. Aber ganz ehrlich, viel Hoffnung habe ich nicht.
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