Beim Erkunden, ob Stefanie Sargnagels herrlichste Leser*innenbriefe (nachzulesen auf Sargnagels
Facebook-Profil) provoziert habender Bayreuth-Artikel von der ZEIT endlich online gestellt wurde (
ja!), habe ich festgestellt, dass er tatsächlich ziemlich witzig ist. Allein der Anfang:
Quote:
Bayreuth, endlich erreiche ich den Ort meiner Sehnsucht. Von nichts habe ich so lange geträumt wie davon, diesen altehrwürdigen Boden unter meinen Flipflops brennen zu spüren wie glühende Kohlen, mich der Geniewelt Wagners hinzugeben und in die sakralen Sphären germanischer Mythen einzutauchen wie ein Frosch. Ich habe Karten für die Bayreuther Festspiele und bin endlich da, wo ich immer sein wollte. Vor drei Jahren noch abgeranzte Punklokale, miese Gagen und billiger Wein, heute Bachmannpreis, ausverkaufte Hallen und Großbürgertum. Die Jahre der Lust sind vorbei, es beginnen die Jahre der Macht. In der kommenden Woche darf ich mich von den epischen Opernwerken vier Stunden täglich durchprügeln lassen. Der gesamte Ring der Nibelungen . Wotan, Brünnhilde, Siegfried, Gandalf, Frodo, Hagen, Walhall – allein die Lautmalerei der Namen jagt mir einen Schauer über den Rücken, mein Anus fröstelt. Es ist der Klang grobschlächtiger, schwerterschwingender Krieger mit Schuhgröße 55, der Sound sehniger Arme und wippender Brüste mit Warzen wie Schleifsteinen. Ein Gefühl wie ein Steinhammer auf die Großhirnrinde. Für den Österreicher, untersetzt, mit kleinen, verschlagenen Augen, meistens erkennbar an der bäuerlichen Vogelnase und einem kleinen Buckel, hatte das Germanenvolk immer etwas Beeindruckendes. Das Begehren einer völkischen Verortung nahe der nordischen Herrenrasse ist ihm seit Jahrhunderten eingeschrieben. Diese Kraft, dieser Wuchs. Meine Ehrfurcht ist nahe der Angst.
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Es gab tatsächlich eine Leserbriefschreiberin, die sich beschwert hat, dass es bei Wagner keinen Frodo oder Gandalf gibt.