Cambrian crab
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We Have Always Lived in the Castle von Shirley Jackson
Die achtzehnjährige Merricat ist mit Abstand eine der besten unzuverlässigen Erzählerinnen, die mir in meinem Leseleben untergekommen ist. Und jedes Wort, das man über die Handlung dieses Buches verliert, ist eigentlich zu viel verraten. Es sei nur so viel gesagt, dass Merricat mit ihrer Schwester Constance und ihrem Onkel Julian im Herrenhaus der Familie Blackwood lebt - was mit den restlichen Famlienmitgliedern geschehen ist, erfährt der Leser nach und nach im Verlauf der Geschichte.
Diesen kurzen Roman finde ich viel gruseliger als Jacksons wohl bekanntestes Werk, The Haunting of Hill House. Wer Action sucht, wird hier nicht auf seine Kosten kommen, es ist eher ein Buch für Leser, die gerne in die Abgründe der menschlichen Seele hinabtauchen. Auch nach mehr als 50 Jahren ist dieses Buch sehr lesbar, es könnte genauso gut aus der Feder eines aktuellen Horror-Autors stammen.
Gelesen wurde das Hörbuch von Bernadette Dunne, die eine sehr gute Wahl für Stimme von Merricat war.
(Lebensalter-Challenge, 1962, 4 Sterne)
The Time of the Ghost von Diana Wynne Jones
Es ist Oktober, die dunkle Jahreszeit naht und es ist Zeit für ein paar Geistergeschichten. Diana Wynne Jones' Buch beginnt mit einem namenlosen Geist, der nicht weiß, wer er ist und was dazu geführt hat, dass er sich in diesem körperlosen Zustand befindet. Er findet indessen bald heraus, dass er eine von vier Schwestern ist, aber welche der vier? Das herauszufinden, ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Etwas Schreckliches ist passiert, aber was nur? Und was hat der Kult der Göttin Monigan, den die vier Mädchen als Spiel erfunden haben, damit zu tun?
Noch ein Buch mit einer unzuverlässigen Erzählerin, und auch dieses hat mir gut gefallen. Es ist eine gelungene Mischung aus "gruselig" und schwarzem, britischem Humor. Gruselig ist es wohl vor allem deshalb, weil das Vorbild für die vier Schwestern die eigene Kindheit der Autorin ist, die sehr unglücklich war. Die Einblicke ins Familienleben der Schwestern sind in der Tat nicht dazu angetan, den Leser in Hochstimmung zu versetzen. Teilweise fühlt man sich an Roald Dahl erinnert, und so gesehen ist diese Art von Romanfamilie wohl beste britische Tradition. Die Eltern der Mädchen betreiben ein Internat für Jungen, das ihre ganze Zeit in Anspruch nimmt. Für die Töchter haben sie keine Zeit - und das geht mitunter so weit, dass sie vergessen, dass auch Mädchen etwas zu essen brauchen.
Von den Büchern von Diana Wynne Jones, die ich bisher gelesen habe, ist es auf alle Fälle eines der besten.
(Lebensalter-Challenge, 1981, 4 Sterne)
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