Von Kennern der phantastischen Literatur wird Seidel hochgeschätzt. Siehe z.B. den Eintrag über den Autor in Zondergeld & Wiedenstried – Lexikon der phantastischen Literatur. Auch Jens Malte Fischer lobt Seidel in höchsten Tönen in einem Aufsatz in Phaicon 3 (1978). Hier ein Auszug:
»Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen « ist kein Roman, sondern eine sehr locker gefügte Geschichtensammlung, die durch die Rahmenhandlung um die Laterne des besagten Zinkeisen nur notdürftig verbunden sind. Die Geschichten sind, auf durchweg hohem Niveau, von unterschiedlichem Gewicht. Manche arbeiten mit exotistischen Motiven, andere mit Mitteln der Groteske. Zwei Erzählungen des Bandes aber sind außerordentlich, und ich bedaure es in diesem Falle am stärksten, durch Umfang und Art dieses Überblicks nicht in der Lage zu sein, diesen Superlativ belegen zu können.
»Das älteste Ding der Welt« ist die Geschichte eines Jungen in einer deutschen Provinzstadt, der im Wald auf ein Stück Metall im Boden stößt und seither wie verhext scheint. Er macht verwirrende Erfahrungen der Raum- und Zeitkategorienveränderung, die sich erst erklären, als der geheimnisvolle Dr. Sze, ein Chinese, in die Stadt kommt. Sze und Harald graben das Objekt aus, dessen Spitze aus dem Boden ragte. Es ist der riesige Götze Zazel, ein vom Saturn stammender Dämon, das älteste Ding der Welt, der nun seine Opfer fordert. Die Erzählung weist erstaunliche Ähnlichkeiten mit Lovecrafts etwa gleichzeitig entstandenem Text »The Colour out of space« auf, Seidel übertrifft Lovecraft aber durch die große erzählerische Intelligenz, mit der er Effekte vorbereitet, Spannungsbögen setzt, Unglaubliches mit zurückhaltender Stimme erzählt - es ist der Vorteil eines ausgepichten Prosahandwerkers gegenüber einem Dilettanten. Die zweite Erzählung, die ich meine, heißt »Larven oder die Beichte eines Sonderlings«. Sie ist konventioneller und bezieht ihre Motive stärker aus der deutschen romantischen Tradition, vor allem von Hoffmanns »Nußknacker und Mausekönig«; ihm scheint der Sonderling Stirum entsprungen zu sein, dem es gegeben ist, durch den okkulten Transfer in ein Puppenhaus mit seiner verstorbenen Tochter wieder in Kontakt zu kommen.
Last edited by Rauter25; 01-20-2014 at 10:31 PM.
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