Fraktur
Was Buchstaben für Wellen schlagen können ...
Wer sich für Formen und Geschichte der gebrochenen Schriften interessiert, findet reichlich Informationen in Albert Kapr: Fraktur, dürfte das aktuelle Standardwerk sein.
Fraktur wäre auch ohne die Nazis heute eine historische Schrift geworden. Unumstritten war sie von Anfang an, also seit Luthers Zeiten, nicht. In romanisch geprägten Ländern und unter Wissenschaftlern wurde die Antiqua bevorzugt, was durch die Aufwertung der Antike in der Renaissance begünstigt wurde. Dabei entstanden Fraktur und Antiqua aus der karolingischen Minuskel, wobei die Antiqua als Großbuchstaben die Grundformen der römischen Capitalis monumentalis übernahm - sie ist eigentlich ein Zwitterwesen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Fraktur längst hinderlich für die internationale Verständigung geworden.
Dass ausgerechnet die Nazis die Fraktur mit einer fadenscheinigen Begründung weitgehend abschafften (ein echtes Verbot gab es nicht), ist natürlich eine böse Pointe. Aber sie wäre auch so außer Gebrauch gekommen, die Zeit war reif dafür.
Ich finde allerdings, man sollte sie einigermaßen lesen können, schon weil es noch viele Bücher in dieser Schrift in Bibliotheken und Antiquariaten gibt. Und man kann und sollte sie durchaus im typografischen Repertoire behalten - bewusst eingesetzt. In Albert Kaprs Buch z. B. ist das Layout eindeutig modern, doch die Überschriften sind in Fraktur, linksbündig. Das wirkt erstaunlich schlüssig und gar nicht nostalgisch.
Für eine Bibel als E-Book (mir ist da noch keine gelungene begegnet) würde ich sicher eine Fraktur für die Überschriften verwenden. Zumindest bei einer Luther-Übersetzung.
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