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Old 03-02-2013, 07:27 PM   #188
Doitsu
Grand Sorcerer
Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.Doitsu ought to be getting tired of karma fortunes by now.
 
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Originally Posted by brucewelch View Post
Mit "altmodisch" hat deine radikale Position, die bereits bei Texten aus dem 18. Jh. auf allergrößte Schwierigkeiten stoßen würde [...] nichts zu tun
Offensichtlich haben wir generell unterschiedliche Ansichten, was die Handhabung alter Bücher anbelangt. Die meisten Verlage orientieren sich bei der Bearbeitung alter Bücher anscheinend am dümmsten anzunehmenden Leser. D.h. die Texte werden an die heutige Rechtschreibung und Zeichensetzung angepasst und oft gekürzt; bei alten Kinderbüchern werden problematisch empfundene Stellen "entschärft" oder ganz ausgelassen. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden.
Das heißt aber noch lange nicht, dass Hobby-eBook-Gestalter das genauso machen müssen.
Ich sehe ein eBook in erster Linie als eine technische Möglichkeit, eine nahezu perfekte digitale Kopie eines Originals zu erstellen; narrensichere, polierte Werksausgaben können von mir aus andere erstellen.
(Ich lese eher selten Bücher aus dem 18. Jahrhundert, hatte aber bisher bei belletristischen Büchern aus dieser Zeit kaum Probleme mit dem Textverständnis. Insofern kann ich Deine Befürchtungen nicht so richtig nachvollziehen.)

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Originally Posted by brucewelch View Post
Die Begründung aus dem "Leseerlebnis der Erstausgabe" finde ich nicht überzeugend. Sie scheint es darauf anzulegen, die vergangene Zeit durch ein ästhetisches Mittel sekundärer, nämlich ganz konventioneller Art, überspringen zu wollen.
Meiner Meinung nach sind Schriftarten keine sekundären ästhetischen Mittel, denn sie beeinflussen sowohl die Lesegeschwindigkeit als auch generell die Rezeption von Büchern.
Laut einer bekannten (und nicht ganz unumstrittenen) Studie von Diemand-Yauman, Oppenheimer und Vaughan (PDF-Link) wirken sich beispielsweise schwer lesbare Schriften entgegen aller Erwartungen anscheinend positiv auf das Einprägen von Informationen aus. (Die Studie wird übrigens indirekt teilweise dadurch bestätigt, dass Legastheniker vor der weiten Verfügbarkeit von speziell für sie entwickelten Schriften häufig die in der Studie genannte Schriftart "Comic Sans" verwendet haben.)

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Originally Posted by brucewelch View Post
Die notwendige Gegenwärtigkeit eines jeden Leseprozesses scheint damit durch ein Moment der Nostalgie überformt zu werden.
Das hört sich reichlich esoterisch an. Was genau verstehst Du denn unter "notwendiger Gegenwärtigkeit"?

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Originally Posted by brucewelch View Post
Ist das die Lesehaltung, die Autoren sich bei späterer Rezeption wünschen?
Natürlich weiß niemand, wie sich Autoren die Rezeption ihrer Werke nach ihrem Ableben vorgestellt haben, wenn sie überhaupt soweit gedacht haben. Sie haben aber bei zu Lebzeiten erschienenen Werken i.d.R. die Druckausgaben abgesegnet, weshalb anzunehmen ist, dass sie mit einem digitalen Faksimile höchstwahrscheinlich keine Probleme hätten. Bei stark bearbeiteten Texten bin ich mir allerdings nicht so sicher.

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Originally Posted by brucewelch View Post
Die Nazis haben natürlich ein Argument gesucht, um die Abschaffung der vertrauten Schrift rechtfertigen zu können [...]
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die Abschaffung der Frakturschrift hauptsächlich praktische Gründe hatte. Dennoch finde ich, dass die Frakturschrift auch im Computer-Zeitalter noch eine Daseinsberechtigung hat.

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Originally Posted by brucewelch View Post
Dass der alte Hesse der vertrauten Schrift den Vorzug gab, vergleiche ich mit Walsers Haltung, der die Anwendung der neuen deutschen Rechtschreibung auf seine Bücher untersagt: ein wenig Dickköpfigkeit alter Männer, die nicht mehr mit der Zeit gehen können, auch nicht müssen, vor allem aber: sich das leisten können.
Ich finde generell, dass man die Wünsche von Künstlern respektieren sollte, selbst wenn man anderer Auffassung ist. Schließlich werden ja auch musikalische Kompositionen (abgesehen vom Tempo und anderen Kleinigkeiten die jeder Dirigent ein wenig anders macht) i.d.R. noch immer so gespielt, wie sie ursprünglich notiert wurden, und was für Musiker gilt, sollte auch für Schriftsteller (und alle anderen Künstler) gelten.
Abgesehen davon finde ich, dass die Umstellung eines Buchs auf die neue Rechtschreibung nicht unbedingt zur Wertsteigerung beiträgt.

tl;dr: Let's agree to disagree.
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