Ich habe mir in den vergangenen Tagen den "italica Paperback 2" etwas intensiver angesehen, der unter anderem bei libri.de für 99 Euro angeboten wird. Bei dem Preis habe ich nicht sonderlich viel erwartet, aber ich wurde angenehm enttäuscht.
Das Gerät wird zusammen mit einer kleinen Gebrauchsanleitung und einem Micro-USB-Kabel ausgeliefert. Das Zeitalter, in dem man einem Gerät noch ein Netzteil zum Aufladen beilegte, ist - wie bei allen Neuerscheinungen dieses Jahres - auch beim italica vorbei. Das Kabel dient sowohl dem Aufladen des Akkus via PC als auch der Befüllung des italica mit Lesestoff.
Der italica ist mit 170 Gramm einer der leichtesten 6-Zoll-E-Reader auf dem deutschen Markt. Er ist weiß mit matter Oberfläche. Im Aussehen hebt er sich etwas von anderen Readern ab. Während Kindle, Sony, Kobo und andere ziemlich symmetrisch aufgebaut sind, ist die linke Seite des italica gerundet und etwas verdickt. In der Rundung verstecken sich oben der An/Ausschalter und unten eine Audiobuchse. An der rechten Seite des Screens gibt es eine ganze Reihe von kleinen unbeschrifteten Buttons, deren wechselnde Funktionen erst sichtbar werden, wenn man sich in einem der Einstellungsmenüs aufhält. Die Reihe wird unten durch einen Wippschalter zum Umblättern abgeschlossen.
Unter dem Screen liegen vier Tasten und ein Steuerkreuz mit einem Auswahlknopf in der Mitte. Weil ich beim Lesen keine Musik hören will, habe ich die Audiofunktionen (erste Taste von links) nicht getestet. Unter der zweiten Taste verbirgt sich ein gut durchdachtes, strukturiertes kontextabhängiges Menü. Rechts vom Steuerkreuz ist eine Taste, die den jeweils letzten Schritt rückgängig macht und die vierte Taste ist zum Zoomen in beide Richtungen da.
Der Homescreen ist ganz simpel aufgemacht. Sieben untereinander angeordnete Funktionen können mit dem Steuerkreuz angewählt und mit dem Auswahlknopf aufgerufen werden. Die Liste umfaßt den Verlauf der letztgelesenen Bücher, den kompletten Buchbestand, Musik, Bilder, einen Datei-Explorer, generelle Systemeinstellungen und eine Bedienungsanleitung. Links in der Ecke stehen aktuelle Uhrzeit und Datum
Die Bibliothek ist standardmäßig nach Buchtiteln geordnet. An Sortiermöglichkeiten können alternativ nur noch Dateityp und Datum ausgewählt werden. Nach Autor zu sortieren ist hier nicht möglich. Wenn man jedoch statt der Bibliothek den Datei-Explorer öffnet, findet man sämtliche Autoren mit jeweils all ihren Büchern.
Innerhalb eines Buches bietet die Menütaste eine ganze Latte von Optionen an, deutlich mehr als mancher teurere Reader. So kann man beispielsweise einstellen, ob bzw. wann automatisch umgeblättert wird, kann den Anzeigemodus (Kopf- oder Fußzeile) wechseln und nicht zuletzt gezielt zu einer bestimmten Seite des Buches springen. Hier kommen zum ersten Mal die Tasten auf der rechten Seite des Screens ins Spiel: Auf dem Bildschirm erscheinen Zahlen, die mit den Tasten ausgewählt werden. Beim "Suchen" in der Bibliothek erscheinen neben den Zahlen auch noch Buchstaben.
Das Gerät fühlt sich angenehm an. Es könnte sein, daß die Oberfläche aus einem besonders "handschmeichelnden" Kunststoff besteht. Für mich als Rechtshänder sind alle Tasten und Funktionen sehr leicht erreichbar. Meine Frau, Linkshänderin, findet hingegen, daß alles "am falschen Platz" liegt. Sie muß über den Bildschirm greifen, wenn sie etwas suchen will.
Die Reaktion der Tasten ist etwas zeitverzögert. In der Eingewöhnungsphase hat man deshalb den Eindruck, als reagiere eine Taste nicht, und drückt zum zweiten Mal, was dann zu unerwarteten Situationen führen kann. Vielleicht sind andere schneller von Begriff als ich, aber *mir* ist es erst sehr spät aufgefallen, daß das Aufblinken eines LED-Lämpchens am oberen rechten Rand anzeigt, *daß* eine Taste gegriffen hat.
Der italica bringt keine eigene Software für den PC mit. Es ist auch kein Shop installiert (zumindest habe ich trotz Suche danach keinen gefunden.) Da der italica auch nicht über WLAN arbeitet, ist der einzige Weg, Bücher auf das Gerät zu bringen, die Bücher auf die interne oder eine externe Micro-SD-Karte zu kopieren. Das kann man entweder händisch per Drag&Drop erledigen, oder man setzt calibre ein.
Calibre erkennt das Gerät als ein "sovos"-Gerät, also als ein britisches Fabrikat (
http://www.sovos.co.uk/index.php). Die Seite
http://italica.com/ sagt nichts positiv über die Herkunft, aber verkündet ausdrücklich, daß der Name des Gerätes mit der Schrifttype zusammenhänge und keinen geographischen Bezug habe.
Calibre arbeitet extrem schnell und präzise mit dem italica Paperback 2 zusammen. In weniger als 15 Minuten befüllte calibre eine externe SD-Karte des italica mit fast 3.000 Büchern samt Metadaten.
Insgesamt kann ich sagen, daß der italica Paperback 2 ein hervorragendes Lesegerät ist. Es hat keinen überflüssigen Schnickschnack und ist nach kurzer Eingewöhnungsphase gut zu bedienen. Die Tasten dürften ruhig etwas flotter reagieren. Der momentane Preis von 99 Euro wird sicher spätestens dann noch deutlich sinken, wenn sich auch auf dem deutschen E-Reader-Markt ein Preiskampf wie zur Zeit in den USA entwickelt.
Zur Akku-Laufzeit habe ich noch nichts geschrieben, weil ich das Gerät halt noch nicht so lange habe: Nach dem erstmaligen Aufladen war das Gerät nur mehrfach kurz an den PC angeschlossen, um Bücher mit calibre abzugleichen. Ich habe in sechs Tagen etwa 600 Seiten auf dem Gerät gelesen. Die Akkuanzeige liegt jetzt etwas unter "voll".
Was ich ebenfalls noch erwähnen sollte: Kein anderer mir bekannter Reader kommt mit so vielen Formaten zurecht. Nicht nur mit epub, PDF, htm, txt, sondern auch mit mobi und weiteren.