wendete sich mit
lauter Stimme an Semawa:
»Soeben wurde
mir gemeldet, daß mein Bruder, Prinz Oskar angekommen sei. Ich möchte ihm die
Freude gönnen, an unserem Male theilzunehmen und bitte für ihn um Ihren Arm,
Maharadschaya.«
Als er sie dabei
fragend anblickte verneigte sie sich zustimmend aber tief erröthend.
»Ah, da kommt er
schon! Willkommen, mein lieber Oskar! Hier bringe ich Dir die Dame, nach deren
Arm und Hand es Dich so außerordentlich verlangt hat. Sie gab ihre
Einwilligung, und der meinigen darfst Du natürlich ebenso versichert sein.«
Der Prinz war
durch eine Seitenthür eingetreten. Er trug die Uniform eines
Kavalleriegenerals. Wie erstaunten Alle, als sie in dem hohen, stolzen Manne
ihren geliebten und bewunderten Steinbach erkannten!
»Alle Teufel!
Habs mir gedacht!« entfuhr es Sam so laut, daß Alle es hörten.
Semawa stand
ganz bleich vor freudigem Schreck. Sie breitete die Arme aus, als ob sie nach
einem Halt suche. Da trat er schnell herbei, legte den Arm um sie, bog sich zu
ihr nieder und flüsterte ihr zu:
»Sage mir, mein
Leben, wirst Du mich nun auch noch grad so lieb haben wie vorher?«
»Ach Gott!«
hauchte sie. »Welche Wonne!«
»Auch mir
bereitet es eine wahre Seligkeit, daß Du Herrliche nicht die Frau eines armen
Assessors werden mußt.«
Damit spielte er
auf den Scherz an, den er nach ihrem Zusammentreffen in Sibirien gemacht hatte,
indem er sich für einen armen Assessor am deutschen auswärtigen Amte ausgab.
Ein glückliches Lächeln strahlte dabei über sein männlich schönes Gesicht.
Sie gab ihm
dieses Lächeln ebenso zurück und antwortete:
»Ich kann Dich
nicht lieber haben als vorher. Ich würde Dich lieben in allen Lagen und zu
aller Zeit.«
Nun begann die
Tafel. Es war kein Galafrühstück, und die Regeln der Etiquette wurden nicht
streng befolgt. Der Großherzog selbst erklärte, daß er wünsche, ein Jeder möge
sich wie zu Hause fühlen; er sei jetzt Privatmann und habe die Uniform nur
angelegt, um seine Gäste zu ehren und ihnen zu beweisen, daß ein braver Mensch
im schlichten Rocke dem Mann in Wehr und Waffen vollständig gleichwerthig sei.
Nach
aufgehobener Tafel bat der Großherzog, die Anwesenden möchten sich für den
ganzen Lauf des Tages als seine Gäste betrachten. Dann zog er sich zurück.
Die
verschiedenen Paare, welche sich nach langen Leiden und nach oft langer
Trennung endlich zusammengefunden hatten, lustwandelten in Park und Garten.
Prinz Oskar aber führte seine Geliebte ganz allein durch die prächtig
ausgestatteten Räume des Schlosses.
Dann stand er,
den Arm um ihre Taille gelegt, hoch oben mit ihr auf dem Söller, von wo aus man
meilenweit ins Land blicken konnte. Als Semawa's Blick freudetrunken in die
Ferne schweifte, fragte er sie in besorgtem Tone:
»Hier wirst Du
wohnen, mein Herz. Wirst Du Dich nicht bald nach dem fernen Osten sehnen?«

Sie preßte ihr
Köpfchen an seine Brust und antwortete:
»Nie, niemals!
Seit ich Dich kenne, ist Deutschland das Land meiner Sehnsucht gewesen, das
Land der Treue, das Land der Kraft, das Land der Helden.«
»Höher noch als
deutsche Kraft steht das deutsche Herz, mein Lieb. Das Deinige lernte in
fremden Zonen schlagen; es wird dennoch hier deutsch fühlen lernen.«
»O,« lächelte
sie, »das wird ihm gar so leicht gemacht; es lebt hier ja nur unter
»Deutschen
Herzen und deutschen Helden!«
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