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Sache trotz der humoristischen Weise, in der er sie vor»
trug, äußerst peinlich gewesen.
Schon diese Erörterungen hatten die Stimmung auf
der Geschwornenbank wesentlich zum Vorteil des Ange-
klagten verändert.
Den höchsten Trumpf aber spielte nun der Verteidiger
aus, als er am Schluß der Zeugenvernehmung dem Präsi-
denten die Mitteilung machte, es sei ihm in letzter Stunde
gelungen, jenes Landmodchen aussindig zu machen, das
mit dem Unbekannten schäkernd und kichernd auf der Bank
im Gehölz gesessen, bis Christian Lichert durch seine unver-
hoffte Dazwischenkunft die Beiden gestört habe. Das
Mädchen, Apollonia Seiffert mit Namen, besinde sich
nebst ihrer Mutter, der verwitweten Wäscherin Bertha
Seiffert, im Saale. Die Kürze der Zeit habe es der
Verteidigung unmöglich gemacht, beide Zeugen noch recht-
zeitig laden zu lassen.
Allenthalben — am Richtertisch, auf der Bank der
Geschwornen und im Zuhörerraum — entstand bei dieser
Mitteilung Kretschmars eine Bewegung, die, so schien es,
den desinitiven Wendepunkt in der Sache des Angeklagten
bezeichnete.
Der Präsident beugte sich rechts und links zu den
Beisitzern, Es konnte kein Zweifel sein: man mußte
dem Antrag des Verteidigers auf Vernehmung dieser beiden
Personen stattgeben.
Die Wäscherin Seiffert und ihre siebzehnjährige
Tochter Apollonia traten mit allen Anzeichen höchster
Verlegenheit vor. Die üppige Vierzigerin trug als Aus-
weis die letzte Quittung der Klingsberger Steuerbehörde
und ihren Einwohnerschein, die Tochter ihr Consirmations»