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die gesetzlich erforderliche Zweidrittel»Majorität für das Ia
zu Stande gekommen sein.
Aber da saß ein braver, bornierter Landwirt, dem vor
mehreren Iahren einmal das Unglück passiert war, daß
ihm ein nicht zu ermittelnder Bösewicht die wohlgefüllte,
sehr schlecht versicherte Scheune in Brand gesteckt hatte.
Der Mann war schon beim Eintritt in den Gerichtssaal
fest entschlossen gewesen, dem Lumpen Eins auszuwischen.
Lichert hatte das Kronheimer Herrenhaus angesteckt! Das
genügte, den Landwirt zu überzeugen... Ein Schuft wie
Lichert war natürlich zn Allem fähig! Brandstifter sollte
man schon der Brandstiftung halber zum Tode verurteilen!
Dieser starrköpfige Landwirt, der immer nur brummte
und nickte, war vorwiegend dumm. Auch er hütte noch
nicht den Ausschlag gegeben.
Den Ausschlag gab vielmehr ein grimmiger Apotheker,
dem Christian Lichert sehr gleichgültig war, der jedoch
einen unsagbaren Haß auf den Verteidiger hatte, ohne
daß Kretschmar dies ahnte. Der ehrenwerte Geschworene
lebte nämlich dem Wahn, seine älteste Tochter Pauline sei
von Doktor Kretschmar rücksichtlos compromittiert worden,
indem der Rechtsanwalt auf den Bällen der Mittwochs»
Gesellschaft zwei» bis dreimal mit ihr getanzt, und
sich trotzdem mit einer andern verlobt hatte. Und diesen
Herrn sollte er fördern? Dem sollte er den Triumph
gönnen über die Staatsanwaltschaft, — noch dazu, wo ein
so würdiger Mann wie Teutschenthal aus innerster Über»
zeugung erklärte: ,Der Angeklagte ist schuldig'. . .?
„Was weiß man denn überhaupt?" so philosophierte
der Vater der Sitzengebliebenen, um die maßlose Schurkerei
vor seinem Gewissen herauszuputzen. „Dabei gewesen ist