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Die Unterstellung, daß Hellmuths Beweggründe selbst-
los gewesen, kommt dem Ober»Staatsanwalt jetzt zum
ersten Mal. Seine Logik ist ohnehin schon ins Wanken
geraten: das zertrümmert sie vollends! Er sieht nur noch
den Einen Ausweg, der — strenggenommen kein Ausweg
ist, sondern die volle Bankerott-Erklärung!
Der Ober »Staatsanwalt kommt nach Hause. Frau
und Tochter begrüßen ihn, freundlich, zärtlich wie immer.
Nicht das Geringste merkt man ihm an. Nur schweigsamer
ist er als sonst, was Beide auf Rechnung seiner ungewöhn-
lichen Abspannung setzen.
Hellmuth ist noch nicht da.
Gott sei Dank! Herr Gyskra hätte jetzt seinem Sohn
nicht begegnen mögen. Vorübergehend beschäftigt ihn der
Gedanke: wo mag er nur fein? Dann gibt er sich, im
Widerspruch mit seinen letzten Erwägungen, die verbitterte
Antwort: ,Das Schuldbewußtsein hält ihn noch fern; er
wird Betäubung, Vergessenheit fuchen . . . irgendwo —
vielleicht in Begleitung Stegemanns, der ja für Alles den
Trost des Teufels hat.
'
Gleich nach dem Essen begibt er sich in sein Arbeits-
zimmer.
Er setzt sich wie damals, eh' er entdeckt hat, was ihn
jetzt so zu Boden drückt, in die Sopha»Ecke und stützt
den Kopf in die Hand und denkt jener Stunde, da ihm
der Einfall kam, sich in Hellmuths Bibliothek Aufschluß
zu holen . . .
Besser als je begreift er die prophetischen Worte:
,Nur der Irrtum ist das Leben — und das Wissen ist
der Tod.'