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„Meine Herren! Ich danke Ihnen... ich habe das
nicht verdient! Wahrlich, nein. . .!"
Und nun regte in seiner Brust sich der unwiderstehliche
Drang, in das Gewimmel da drunten, von dem er nur
noch die Gluten der Fackeln sah, gellend hinauszuschrein:
,Geht nach Hause, ihr Narren! Ich bin nicht der
Ehrenmann, für den ihr mich haltet! Was? Ihr preist
meine Pflichttreue? Mit Füßen hab' ich sie ruchlos zer-
stampft, diese heilige Pflicht! Ein Lügner bin ich, ein
ganz gemeiner, elender Schurke, den Ihr da gleich an
den ersten besten Laternenpfahl aufhängen solltet!'
Eine Sekunde noch — und diese furchtbaren Worte
wären thatsächlich gefallen. Emmy jedoch hatte ihn sanft
unter den Arm gefaßt. . .
„Komm, Papa! Du bist zu erregt! Du schwankst ja!
Wahrhaftig, das kommt jetzt nach! — Sascha, ich bitte
Dich, — rasch ein Glas Wein für Papa!"
So trat er ins Zimmer zurück.
Die akademische Iugend indes hielt diesen Anfall, der
einem sonst so bezaubernden Redner die Fähigkeit einer
zusammenhängenden Antwort benahm, für die natürliche
Folge seiner Ergriffenheit und brach jetzt nochmals in ein
stürmisches Hoch aus, dessen wuchtige Fülle dem Ober»
Staatsanwalt wie Hammerschläge wider die Stirn prallte.
Hiernach trat die Studentenschaft seitwärts, wo sich
die Straße zu einem halbrunden Platz buchtete. In der
Mitte des Platzes warf sie die Fackeln zusammen und
stimmte nach altem Herkommen das feierlich»brausende
Gaudeamus an, während der Brand allmählich verloderte.
Franz Lehr hatte zuvor schon versucht, die Führer der
jungen Leute, zumal den Senior des Corps, in welchem