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Welch' ein himmlischer Abend! Die ganze Stadt wie
durchgeistigt vom Glanz dieser Maisonne, die jetzt drüben
hinter den sanft geschwungnen Höhen zur Rüste ging. Ein
lautes, lustiges Treiben herrschte auf allen Straßen; Spazier-
gänger schlenderten durch die Anlagen, Kinder lachten und
lärmten; Equipagen fuhren in dichter Reihe über den
Straßendamm nach der neuen Musikhalle, wo man im
Freien den Tönen Mozarts und Beethovens lauschen konnte.
Ein Mißklang schrillte jetzt durch die sanfte Erhaben»
heit dieser Stimmung. Ottfried Stegemann hatte dem
Kutscher gewinkt und war dann zum Schlag getreten.
Nach kurzem Gruß, der eine lebhafte Freude über die
unverhoffte Begegnung verriet, sagte Stegemann:
„ Apropos, wissen Sie schon — Balduin Teutschenthal..."
„Was?" fragte Hellmuth zerstreut, denn es drängte
ihn ungeduldig nach Hause. . .
„Hat sich erschossen," ergänzte Stegemann. „Es scheint,
der Adelswahn ist ihm zu Kopfe gestiegen. .. Ein plötz»
licher Anfall ... Er soll sich für den Freiherrn Christian
von Lichert gehalten und seinem Bedienten zugeschrieen
haben: ,Der Freiherr von Lichert — der Kerl ist
schuldig ... der Kerl muß sterben .. .!' — Dann siel
der Schuß — und mit zerschmettertem Kopfe lag Herr
Balduin am Boden. Na, es war ja voraus zu fehn, daß
der arme Teufel so enden würde..."
Ottfried entfernte sich. Hellmuth trieb den Kutscher
zur Eile an. Seine Gedanken kehrten wieder zu Alten»
höfer zurück: der Mißklang war ausgetilgt.
Und nochmals: welch' ein himmlischer Abend! Licht
und Leben und der ambrosische Odem des Lenzes!
Ohne daß Hellmuth es fühlte, ergriff diese bunt»