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Hätt' er doch niemals diese unselig»fürchterliche Idee
gehabt! Welcher Dämon trieb ihn nur damals hinüber...?
Kein Dämon, sondern der Ernst, mit dem er seinem
Beruf lebte, der Geist der Gewissenhaftigkeit und der
Pflichttreue! Damals war er noch pflichttreu, ein Ehren»
mann, der von sich sagen durfte: ,Es ist kein Falsch
an dir!'
Noch einmal sucht er seinen Verstand aus der Um»
strickung dieser furchtbaren Niedergeschlagenheit zu lösen.
Er sieht sich im Geist vor dem Thron einer maje-
stätischen Gottheit, die ihn beschuldigt, und führt nun
mit Aufbietung aller Kunst und Kraft feine Verteidigung.
Hat er nicht Alles gethan, was die Unschuld des An-
geklagten ins rechte Licht stellen konnte? Hat er nicht
beinahe mehr gethan, als ihm zukam? War er verant-
wortlich für die Beratungen der Gcschwornenbank?
Und wenn er's nun wirklich über das Herz gebracht
und feinen Sohn denunciert hätte — wie dann? Welche
Mittel besaß er, Hellmuth zu überführen? Lag es ihm
ob, selber als Zeuge wider ihn aufzutreten, etwa den Tot-
schläger und das verräterische Exemplar des Reichsstraf»
gefetzbuches auf den Gerichtstisch zu legen, zu schildern,
wie er durch Hellmuths Verhalten den Eindruck der Schuld
gewonnen? Das Gesetz sogar überhob ihn dieser Ver-
pflichtung: als Vater konnte er jede Aussage ablehnen.
Ferner: wenn Hellmuth nun leugnete? Wo war ein
Zeuge der That? Welche Motive konnten für glaubhaft
gelten? Ein Streit mit Burckhardt? Ein Haß auf der
Basis irgend einer verborgenen Rivalität? Dergleichen
trug man doch in der guten Gesellschaft nicht mit dem
Bleischläger aus!
«lrnst «cksteln, Ih«mi«, II. II