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muth nun, der das Opfer persönlich gekannt hatte! Er
wollte sich über die Rechtsfragen, über die Strafen ein-
gehend unterrichten, ohne den Vater erst zu belästigen , . .
Er wußte, wie häusig sein Vater diese handliche Ausgabe
des Reichsstrafgesetzbuches zum Nachschlagen brauchte . . .
Daß Hellmuth sein Exemplar in jenem entlegenen Sorti»
mentsgeschäfte gekauft hatte, konnte der reine Zufall sein;
Hellmuth war damals ja öfter mit Ottfried Stegemann in
der Vorstadt gewesen . . .
Aber der Totschläger . . .!
Nun, auch der Totschläger konnte mit diesen Wan-
derungen zusammenhängen . . .! Und wenn er die Waffe
so ängstlich geheim hielt, so war das vielleicht nur in der
Absicht geschehn, den Vater nicht aufzuregen — durch die
peinliche Unterstellung nämlich, der Sohn möchte in die
Notwendigkeit kommen, von dieser Waffe Gebrauch zu
machen . . .
„Es kann ja nicht sein," hauchte Herr Gyskra, sich
mühsam aufrichtend. „Nein, es kann nicht sein!"
Dann, wieder zurücksinkend:
„Aber es ist! Gott der Gnade, es ist!"
Wie ein Kartenhaus, wenn man am Tisch rüttelt,
siel das Alles wieder zusammen. Seiu Instinkt behielt
Recht: der Sohn, den er so über jede Beschreibung liebte,
war einer Blutthat schuldig!
Er hörte jetzt, wie draußen die Thüre des Korridors ging.
Das mußte Hellmuth sein.
Herr Gyskra erhob sich, fuhr sich mit den zitternden
Fingern durch's Haar, trank einen Schluck von dem Rot»
wein, den ihm die Tochter vor Beginn seiner Arbeit