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forschungen, die ich — wenn man Geringes mit Großem
vergleichen darf — aus dem nämlichen Drang nach Gerech-
tigkeit unternommen habe, der einst den unsterblichen
Voltaire veranlaßte, sich der Familie des ruchlos von der
Iustiz gemordeten Calus zu widmen, — meinen rastlosen
Nachforschungen ist es gelungen, in der Person der Apollonia
Seiffert aus Klingsberg die Hauptzeugin für die Wahrheit
der Lichert'schen Behauptungen aussindig zu machen. Ich
habe die ganze Südwestvorstadt und sämmtliche Vororte
siebrisch durchsucht; — ich sage dies nicht, um mich etwa
vor Ihnen zu rühmen, sondern nur um zu zeigen, wie
sehr mir die Sache des Unschuldig»Angeklagten am Herzen
liegt; — ich habe mehr Zeit geopfert, als ich — rein
praktisch geredet — verantworten kann; ich habe — doch
die Methode, die ich dabei in Anwendung brachte, wird
Sie nicht weiter interessieren . . . Genug, es gelang mir, —
und Sie haben nun aus dem Munde des Mädchens wört-
lich dasselbe gehört, was Lichert bereits in der Vor»
untersuchung ausgesagt hat, — wörtlich und widerspruchs-
los, trotz aller Kreuz» und Querfragen. Auch die Mutter
bezeugt, daß ihr die Tochter noch an dem nämlichen Abend
über den Vorfall berichtet hat. Es liegt mir ferne, den
Eindruck, den beide Persönlichkeiten auf Sie gemacht haben
können, durch Schönmalerei etwa aufbessern zu wollen:
aber ich denke, die Ehrlichkeit und die Offenherzigkeit steht
der Mutter sowohl wie der Tochter klar im Gesicht ge-
schrieben, und daß ein Landmädchen nicht ganz die Allüren
einer Salon»Dame hat und . . . Scherze in Scene setzt,
die wir bei unseren Frauen und Töchtern sehr wenig
goütiren würden, das ist eine Sache für sich, die der
Glaubwürdigkeit dieser Aussagen keinerlei Abbruch thut."