— 261 —
fort, „im Untersuchungsgefängnis, während der langen
unfreiwilligen Einsamkeit, ist mir das Fruchtlose, An»
spruchsvolle und Dreiste meiner wissenschaftlichen Auf»
fafsung klar geworden. Als Denker war ich ein Neuling;
der Zauberstab der Chemie konnte mich nach Lösung des
einen Rätsels immer nur vor ein zweites, ein drittes, ein
viertes stellen, und so fort bis ins Endlose! Dieser Neu»
ling aber forderte von der Natur, daß sie beim ersten
Wink ihm den Kern ihres Wesens zeige, und kehrte ihr
trotzig den Rücken, da sie der kindischen Anmaßung
spottete. . .! Je mehr ich nun die Albernheit dieses
Trotzes erkannte, um so gewaltiger wuchs meine Hoch»
achtung für das stille, klanglose Wirken Altenhöfers. Ich
schwur mir, wenn ich erst wieder frei sei, alles Versäumte
zwiefältig nachzuholen und die gesammte Kraft meines
Könnens auf das große Problem zu verwenden, das doch
den Vorzug hat, lösbar zu sein, wenn auch vielleicht
erst nach jahrelanger keuchender Sisyphus»Arbeit!"
Da Hellmuth zu Ende war, stand der Ober»Staats-
anwalt auf und faßte ihn feierlich bei der Hand.
„Ich danke Dir," fagte er tonlos. „Manches in
Deinen Mitteilungen hat mich sehr überrascht: die Haupt-
sache aber, das Lebensprogramm, das Du mir darlegst,
thut mir unendlich wohl. Von ganzem Herzen will ich
Dir wünschen, daß Du so die Befriedigung sindest, die
jedem selbstlosen, ehrlichen Streben zu gönnen ist. — Nun
aber höre auch, was Dir dein Vater zu beichten hat! —
Du wirst schmerzlich berührt sein: aber ich halt' es für
meine Pflicht, den Mann, der mir vor allen Wesen auf
Erden am nächsten steht, Dich, meinen Sohn, meinen
treuesten Freund, von der Sache in Kenntnis zu setzen, eh'
^