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nicht fühlen ließ. Es war ein Zustand, mit dem Beginn
einer Chloroform»Narkose vergleichbar, fast wohlthätig nach
diesen entsetzlichen Stunden der Aufregung.
Man führte die Angeklagten herein.
Lewald blickte mürrisch und wie auf Alles gefaßt zu
Boden.
Christian Lichert strahlte über das ganze Gesicht.
Die Freude über den vermeintlichen Sieg der Wahr»
heit ließ ihn das Schicksal vergessen, das ja auch nach
erfolgter Freisprechung von der Mordanklage ihn später
erwarten würde: die sechs Iahre Zuchthaus und die
weiteren Freiheitsstrafen wegen der andern Delikte.
Ein Schmunzeln spielte um seinen Mund, das beinah'
zum Lachen ward und das prächtige, starke Gebiß frei
legte, so daß der plumpe Naturmensch den Eindruck eines
großen Neufundländers machte, der seinen Herrn begrüßt.
Selbst der Umstand, daß sein Verteidiger für den
grinsenden Blick, den Lichert ihm zuwarf, keine Erwide»
rung hatte, siel dem Ahnungslosen nicht auf.
Der Spruch der Geschworenen ward den Angeklagten
nun mitgeteilt.
Licherts Antlitz verzerrte sich; aber noch schien er sich
über die Sachlage nicht vollständig klar. Das mußte ein
Irrtum sein, ein gräßliches Mißverständnis!
Der weitere Lauf der Verhandlungen schien diese
Auffassung zu bestätigen.
Der Präsident nämlich hatte zunächst noch der Vor»
schrift Genüge zu leisten, die da verlangt, daß vor Erlassung
des Urteils die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger mit
ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden müssen.
Herr Gyskra erhob sich.