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zitternden Fingern auf den lebhaft erglühenden Kopf und
kletterte flink und geschmeidig über die Brüstung.
Es berührte sie ganz eigentümlich, daß sie jetzt auf
dem nämlichen Weg in die Freiheit gelangte, den einst Hell»
muth beschritten. . .
Drunten machte sie sich nun vollständig marschbereit,
zog die Handschuhe an, die zufällig in der Tasche des
Mantels steckten, und eilte, ohne sich umzusehn, durch das
Gartenthor. Von dort bog sie nach links um die Ecke
und verfolgte dann, weit bis über die Knöchel im Schnee
versinkend, das Flußufer.
Und da zweigte sich ja schon der Pfad zwischen den
letzten Häusern des Dörfchens nach dem Gehölz ab!
Alles schien hier zu schlummern. — Die Fenster der
niedrigen Häuser waren ängstlich verschlossen, zum Teil
mit Eisblumen überkleidet, die der bäurische Kachelofen trotz
aller Luftabsperrung nicht aufgethaut hatte. Mächtige
Schneemützen stülpten sich pelzartig über die Giebel und
hingen mit ihren vorgeschobenen Zacken und Lappen weit
über den Dachrand. Kein warmer, lebendiger Laut scholl
durch die Ödigkeit dieses Fischerdorfs. Nur eine Schaar
breitfliegender, schwarzblauer Raben schwenkte krächzend
waldeinwärts, als Sascha, kochend vor Hast und An-
strengung, das Gehölz erreichte.
In der vereinsamten Hütte fand sie ein förmliches
Lazarett. — Die Mutter des Kleinen lag schwer darnieder;
der Arzt, der alle zwei Tage kam, sagte, es sei was wie
Lungenentzündung. Er wollte die Frau nach dem Kranken»
haus schaffen; aber die Großmutter hatte sich wie verrückt
gestellt und die Tochter nicht fortgegeben. Sie hielt's mit
dem Krankenhaus wie mit dem Amtsgericht: wer einmal