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dahinschritt, ehrfürchtig grausend nach, als wandle da ein
überirdisches Wesen mit unumschränkter Gewalt über Leben
und Tod.
Auch den alten, beleibten Herrn mit den blitzenden
Äuglein, der breitschmunzelnd seinem hellbraun lackierten
Coupe entstieg, kannte man allgemein, obgleich er den
schmalen Maurerbart, den er früher trug, vor vierzehn
Tagen unverhofft abgelegt hatte. Es war der Kommissions °
rat Balduin Teutschenthal, der eifrige Förderer aller
gemeinnützigen Interessen, der unermüdliche Wohlthater.
Erst kürzlich wieder — bei Gelegenheit seines Geburts»
tags — hatte er eine längst geplante Idee verwirklicht
und in Gemeinschaft mit mehreren hervorragenden Persön»
lichkeiten der Hauptstadt — (darunter die einflußreiche
Gemahlin des dänischen Gesandten, Gräsin Rödbroge) —
eine Erziehungsanstalt gegründet für sittlich gefährdete
Mädchen .
„Da kommt meine Lowife hinein," sagte eine gaffende
Hökerfmu zu ihrer Berufsgenossin, der sie über das neue
Lorbeerblatt in dem unverwelklichen Kranze Balduins kurz
berichtet hatte.
Ia, ja, so ein sechzigster Geburtstag will etwas be»
deuten! Man wird alt, — und man ist doch ein wenig
eitel! Ter Maurerbart, der dem Antlitz Balduin Teutschen»
thals sonst so gut stand, war nachgerade fast weiß ge»
worden, — und so hielt er denn, wie er scherzhaft bemerkte,
den Augenblick für gekommen, dies lästige Dokument des
beginnenden Greisentums wegzutilgen. Balduin sah noch
so frisch aus, so faltenlos; seine Wangen erstrahlten in
so prächtigem Rot —: eine Folge seines geregelten
Lebenswandels, wie seine Freunde behaupteten, während