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zu sprechen: der glaubt mir nicht! Sie aber werden's
herauskriegen' Sie werden sehn, woran's hängt. . ."
„Lichert," sagte der Rechtsanwalt, „wenn Sie Vorteil
von meinem Beistand erwarten, so ist es unbedingt nötig,
daß Sie mir, Ihrem Verteidiger, reinen Wein einschenken.
Wer den Arzt oder den Advokaten belügt, der schlingt
sich selber den Strick; das ist ein uraltes Wort. Sie
wissen doch, daß ich weder das Recht noch die Pflicht
habe, das, was Sie mir anvertrauen, irgend wem mit»
zuteilen. Reden Sie also! Schildern Sie mir wahr»
heitsgetreu, was Sie verbrochen haben! Ich will dann
zusehen, ob ich dem Bilde, das Sie entrollen werden,
irgendwo eine Lichtseite abgewinne."
„Herr Gott," stammelte Lichert, „Sie sprechen ja fast
in dem nämlichen Tone, wie drüben der Untersuchungs»
richter!"
„Ich weiß allerdings genau, was die Staatsanwalt»
schaft Ihnen zur Last legt," versetzte Kretschmar düster.
„Ich gebe die Möglichkeit zu, daß Ihre That falsch auf-
gefaßt wird, daß sich Milderungsgründe der mannig»
faltigsten Art nachweisen lassen: Ihr Verbrechen selbst aber
wollen Sie mir gegenüber doch nicht in Abrede stellen?"
„Natürlich stell' ich's in Abrede! Verrücktheit ist alles
und Blödsinn!"
Der Rechtsanwalt hielt ihm nun vor, wie außer»
ordentlich sich der Indicienbeweis consolidiert habe; wie
ein Moment das andre ergänze; wie wenig er selbst sich
der Überzeugung verschließen könne, daß Lichert die That
verübt habe. — Geradezu niederschmetternd für Lichert
sei das Gutachten des Gerichtsarztes, der den Schädel
des Opfers genau untersucht und zum Zweck der dem»