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sah nun deutlich, wie's um das Herz seiner Tochter bestellt
war, und sanft strich er ihr über das nachtschwarze Haar,
als könne er so den Fluch dieses Schicksals noch bannen.
Er sprach kein Wort. Sascha blickte dankbar zu ihm
hinauf.
Dann sagte sie plötzlich:
„Vater, mir ist so beklommen! Es schnürt mir die Brust
zusammen! Gib mir die Grete mit bis zur Pferdebahn!
Ich fahr' zu den Gyskras! Ich muß mit Emmy sprechen,
mit ihren Eltern! Nein, nein! Bleib' Du zu Hause, ich
bitte Dich! Laß mich um neun oder zehn durch den
Gärtner abholen! Willst Du, Papa?"
„Was hast Du vor, Kind?"
„Nichts Schlimmes! Emmy ist meine Freundin! Du
würdest doch gerade so handeln! Du selber bist dort
gewesen!"
„Gut. Wie Du willst! Rege Dich nicht so auf, Kind!
Das Leben hat seine schweren Momente. Da gilt's denn,
die Zähne fest aufeinanderbeißen und standhalten. Still,
Mädchen! Du brauchst mir gar nichts zu sagen! Schlimm
genug, daß ich Alles weiß! Ich verstehe mich schlecht aufs
Trösten und Zureden. Auch mein' ich, Ieder muß das
zuerst mit sich selber abmachen! Da, komm her und gib
mir noch einen Kuß! Um halb zehn schick' ich den
Burschen."
Er eilte hinaus, damit seine Tochter nicht merken
sollte, wie feucht es ihm in den Augen glänzte.