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gegen die Möglichkeit eines Angriffs bei seinen nächtlichen
Streifzügen durch die Vorstädte, schien um deswillen
unglaubhaft, weil er dem steten Begleiter auf solchen
Wanderungen, Ottfried Stegenmnn, niemals von dieser
Waffe geredet hatte.
Das Motiv, das der Beschuldigte für seine Geheim»
thuerei ins Feld führte, die Besorgnis nämlich, von Stege»
mann für zu ängstlich gehalten zu werden, klang auch
nicht sehr überzeugend.
Angesichts dieser Umstände war denn auch der Ver-
such des Ober»Staatsanwalts, seinen Sohn gegen Erlegung
einer hohen Caution aus der Haft zu befreien, erfolglos
geblieben.
Der Ober»Staatsanwalt litt unsäglich. Seinen Hell-
muth im Kerker zu wissen und nichts thun zu können,
um die Fesseln zu lösen, — dies Bewußtsein war
schauderhaft!
Nur in vereinzelten Augenblicken fand er just in dem
Schmerz, den er fühlte, eine Art von Genugthuung. Er
sagte sich dann mit tiefster Zerknirschung: ,Das ist die
Strafe, und so vielleicht, vielleicht auch die Sühne für
den heimlichen Frevel, den Du so blindlings an der
ewigen Majestät der Wahrheit begangen!' — Über Alles
die Wahrheit! Brutus war doch das Urbild des Ehren-
mannes! Der Ober»Staatsanwalt aber war schwach ge-
wesen, ein ungetreuer Verwalter des Amtes, das man ihm
zugeteilt. .. Und so büßte er nun mit vollkommenstem
Recht.. .
Auch ein andrer Gedanke hob ihn zuweilen über die
Trostlosigkeit seiner Lage empor. Er wußte jetzt: Hell-
muth, was auch die Schuld sein mochte, die ihn noch