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Geschichte ja klar, und die schlotternde Marguth mußte
bei all' ihrer läppischen Polizeifurcht an's Tageslicht..."
„Das nenn' ich noch Glück im Unglück," sagte der
Chemiker.
„Ganz colossales Glück! Eins nur will mir bei der
ganzen Geschichte nicht recht in den Kopf: warum sich Hell-
muth, trotz der bereitwillig zugegebenen Complication seiner
Lage, nicht dennoch sofort nach dem traurigen Vorfall
mit Burckhardt gemeldet hat."
Altenhöfer krauste die Stirne.
„Das hab' ich anfänglich auch gedacht. Der Ober»
Staatsanwalt hat mir die Sache erklärt. Es war eine
Thorheit — aber ich weiß nicht, ob ich nicht unter den
gleichen Verhältnissen ebenso thöricht wäre . . .! Lesen
Sie mal die Helbig'sche Sammlung: .Iustizmorde unsrcs
Iahrhunderts'! — Seitdem die Affaire des jungen Gyskra
im Gang ist, hab' ich das Buch studiert... Ich sage
Ihnen, da kann man ein Grausen bekommen! Und Hell-
muth hatte sich öfters mit dieser Lektüre befaßt..."
„Hm!" nickte Stegemann.
„Denken Sie doch," fuhr Altenhöfer mit wachsender
Lebhaftigkeit fort: „ein Angeklagter ist da zum Tode ver-
urteilt worden, obgleich mit äußerster Evidenz der Nachweis
erbracht war, daß er zur Zeit des Verbrechens unmög-
lich — sage und schreibe: unmöglich — am Ort der
That sich besinden konnte! Er hätte, um der Verbrecher
zu sein, den drei geographische Meilen betragenden Weg
in anderthalb Stunden hin und zurück gemacht haben
müssen! Trotzdem: ,Ia, der Angeklagte ist schuldig!' —
und so noch zehn, zwanzig und dreißig Fälle, einer unglaub-
licher als der andre! — Nein, ich begreife das wohl . . .!"