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nämlichen Weg wieder zurück müsse. Das war jedenfalls
nicht so leicht; aber es mußte versucht werden. Zu ihrem
größten Schreck fand sie das Fenster, das sie nur an-
gelehnt hatte, verschlossen. Auch ohnedies wäre die Wand
wohl zu hoch gewesen.
Gesenkten Hauptes, wie eine Sünderin, schritt sie die
Stufen hinauf nach der Thüre.
Auch die Thüre war zu.
Sie drückte die Klingel. — Hoch oben klirrte ein
Fenster. — Dann tönten Schritte, schwere, bedächtige
Schritte. —
Ihr Vater in eigner Person öffnete ihr; aber nur halb,
den Thürgriff nicht aus der zitternden Faust lassend.
Bei der Entdeckung, daß Sascha heimlich davongegangen,
hatte ihn beinah' der Schlag gerührt. Die schwere Gardine
vor Sascha's Fenster, die er im ersten Anprall ergriff,
barst wie ein Spinngewebe. Bleischwer hatte er sich auf
das Sopha geworfen und Wasser gefordert. Dann erteilte
er — Alle, sogar seine Schwester brüskierend — kurz
den Befehl, das Notwendigste für Fräulein von Rheuß in
einen Handkoffer zu packen.
Diesen Handkoffer schob er ihr jetzt mit dem Fuß vor
die Thüre.
„Scher' Dich zum Teufel!" knirschte er atemlos.
„Eine Landstreicherin kann ich nicht brauchen!"
„Aber Papa. . .!"
„Geh'!"
Und somit schlug er die Thüre zu und drehte den
Schlüssel um.
Sascha, die Hände gefaltet, starrte wie irrsinnig vor
sich hin. — Ein leichter Schneefall hatte begonnen, der jetzt