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den Akten lag. .So? Und Lichert? Kennst du nicht den
Paragraphen hier in dem Bündchen, der dir den Hals
brechen wird? Weißt du nicht, wie der Paragraph be»
ginnt? . . . Ein Beamter, der gegen besseres Wissen
einen Menschen anklagt . . .'
.Narrheit!' rief wieder die erste Stimme. ,Als er die
Anklageschrift aufsetzte — hat er da etwa gegen sein
besseres Wissen gehandelt? Und jetzt noch —: weiß er
etwas? Er ahnt, er vermutet nur!'
,Schweig!' gebot eine dritte Stimme. .Ich kenne ihn
besser! Ihr braucht ihm nicht mit dem Paragraphen zu
drohen . . .! Der Staat hat ihm die furchtbare, fast
unumschränkte Gewalt über die Freiheit und Ruhe seiner
Mitbürger übertragen, in der Meinung, er sei ein Ehren»
mann! Er wird diese Meinung rechtfertigen! Wenn er
sich als ein Schurke erwiese — wahrlich, die eigne Ver»
achtung träfe ihn schwerer als das Gesetz!'
Der kalte Schweiß war dem Ober-Staatsanwalt auf
die Stirne getreten. Er atmete kaum. Und wieder war
es die erste Stimme, die ihn umschmeichelte —:
,Sei kein Thor! Die Anklage ist erhoben! Du hast
sie in gutem Glauben erhoben, — und zwar auf Grund
der Thatsachen, die ein Andrer — der Untersuchungsrichter,
nicht aber du — eruiert hat! Wenn du nun wirklich
etwas privatim hinzuentdeckst —: gehört das hierher?'
Tiefer und tiefer beugte sich Gyskra über die Akten.
Mit beiden Händen ergriff er sein Haupt, Er stöhnte.
Er litt unsägliche Pein.
Plötzlich — mitten in seinem Iammer und Weh —
kam dem Gefolterten ein Gedanke, der ihn aus allen
Zweifeln emporriß. So meinte Herr Gyskra wenigstens in