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halb hat er sich da nicht gleich gemeldet? Weshalb hat
er die rafsinierten Vorkehrungen getroffen, die den Richter
beirren und die Vermutung eines Raubmords herbeiführen
sollten?
Offenbar nur das böse Gewissen!
Wer in berechtigter Notwehr seinen Angreifer tötet,
der braucht der Behörde nicht aus dem Weg zu gehn;
der kann ruhig hervortreten und zu den Richtern sprechen:
,Seht, das ist mir passiert! Prüft nun, ob ich die Wahr»
heit rede!' Die Offenheit seines Bekenntnisses nimmt dann
sofort für ihn ein. Hier aber: das vollkommenste Gegen-
teil! Scheu, Angst, Verstörtheit, — kurz, alle Symptome
eines erdrückenden Schuldgefühls! »
So würde der Arcopag folgern, — denn er denkt mit
dem Durchschnittsgchirn des Alltagsmenschen. Er rechnet
nicht mit der bangen Eingebung der Minute, mit den
Zweifeln auch des Unschuldigen, ob seine Schuldlosigkeit
zu erweisen sei.
Und schließlich — das wäre der letzte und entscheidende
Trumpf dieser Geschwornenlogik —: was veranlaßt den
Thüter sich jetzt zu nennen, nachdem er so lange und
mit so unerschütterter Hartnäckigkeit geschwiegen hat?
Eine Regung des Mitleids?
Dies Mitleid kommt etwas spät!
Wie kann der Mitleid fühlen, der es kaltblütig über
das Herz bringt, einen Schuldlosen unter dem Druck dieser
entsetzlichen Anklage zu belassen?
Nein, nicht Mitleid ist es, was ihn bewegt, sondern
ganz offenbar nur die Angst, im weitern Verlauf der Ver»
handlungen werde die Wahrheit doch an den Tag kommen!
Wir werden uns hüten, seiner Erfindung zu glauben,