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So lag er wohl eine Viertelstunde. Dann hob er
den Kopf, wischte sich mit der Hand über die Augen und
seufzte aus tiefster Brust.
„Gott sei Dank," sagte er zu sich selbst, „daß wenigstens
die andre Geschichte nicht wahr ist!"
Der Blick seiner verweinten Augen atmete Zuversicht.
Der kahlköpsige Herr mit dem Klemmer hatte ja beim
Verhör allerdings eine Art gehabt. . .! Wenn der so
lächelte, oder die Achseln zuckte, als sei auch jedes und
jedes Wort, das Lichert erzählte, die empörendste Dumm-
heit, da konnte man wirklich den Mut verlieren! Der
Herr Verteidiger aber und die Geschwornen, die nicht von
Berufswegen ungläubig waren, — die würden das Rechte
schon aussindig machen; die würden erkennen, daß Lichert
die Wahrheit sprach!
Ietzt überkam den Mann eine Ruhe, wie er seit
Wochen sie nicht gekannt hatte.
Vielleicht diente das alles zu seinem Besten! Wenn
er auch glücklich entkommen wäre: wie furchtbar, so überall
auf dem Sprunge zu fein, bei jedem Geräusch aufzu-
fahren, in jedem menschlichen Antlitz einen Verräter zu
wittern! Die paar Stunden der Angst, die er nach
seiner Entweichung aus dem Gefängnis durchlitten, waren
schon grausig genug!
Nein, lieber die Suppe ausessen, die man sich ein-
gebrockt, und standhaft sein, und den Kopf nicht wider das
Gitter schlagen, wie er dies anfangs gethan! Alles ging
ja vorüber, — und dann wurde vielleicht mal ein fürst-
liches Iubiläum gefeiert, und der Herr König erließ ihm
was von der Strafzeit. Ruhigen Herzens konnte er dann
in der Fremde fein Brot suchen und später vielleicht, wenn