— 172 —
„Verzeih' mir, daß ich für Augenblicke so schwach gewesen.
Das Alles soll nun gesühnt werden!"
Er ging sich ankleiden.
Und nach und nach machte der bohrende Schmerz, der
ihn heimsuchte, einer andern Empsindung Platz . . .
„Es hat so kommen müssen!" sagte er zu sich selbst.
„Was ich die Tage her nur dämmernd gefühlt habe, das
drängt sich mir jetzt wie ein unantastbares Dogma, wie ein
Axiom auf, das mir kein Zweifel zertrümmern kann. Nur
in der Wahrheit ist Heil — für ihn, für mich, für Alles
was Atem hat! Mag denn sein Schicksal noch so trüb
sich gestalten: wenn nur die Folgen der Lüge getilgt
werden; wenn er auf einen Schlag fein Gewissen entlastet!"
Und jetzt, da er merkte, daß er auf dem einzigen
richtigen Wege war, da kam ihm, bei all feinem Elend,
der Mut des Kämpfens und Ringens wieder.
Kurz vor neun fuhr er nach dem Iustizpalast.
Er meldete sich beim Untersuchungsrichter Herrn Elms»
hörn mit der ergebenen Bitte, man möge ihm eine Be»
sprechung mit seinem verhafteten Sohn gewähren.
Hoch aufgerichtet, weder streng noch entsetzt, sondern
nur dem Ernste der Situation angemessen, stand Gyskra
da, als Hellmuth hereingeführt wurde.
Es war — gerade vielleicht, weil sie äußerlich so
ganz ohne Sturm sich abspielte — eine erschütternde Scene,
dies unverhoffte Wiedersehn zwischen Vater und Sohn
innerhalb jener Mauern, wo so viel Iammer der Mensch-
heit sich wie im Brennpunkte sammelt.
Hellmuth war aschfahl, ein müder, schlaffer, ge»
brochener Mensch.
Bis gestern hatte er den windschiefen Bau seiner