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noch ganz genau der nicht ungeistreichen Begründung der
These . . . .Wer eine That begeht, die so aller Vernunft
und allem Gefühle zuwider läuft, der kann zur Zeit der
Begehung nicht bei normaler Verfassung gewesen sein. Das
Gesetz unterscheidet zwischen dem Mord als dem über»
legten, vorbedachten, und dem Totschlag als dem nicht
überlegten, nicht vorbedachten Verbrechen, Der Psycholog
aber weiß das besser! Das Gesetz irrt, wenn es meint,
eine wirkliche Überlegung, ein wirklicher Vorbedacht könne
einer so menschheits»widrigen Unthat vorausgehen, Stets
und in allen Verhältnissen ist der Verbrecher nur halb
zurechnungsfähig. Es gibt nur Totschlag.'
Diese Worte waren dem Rechtsanwalt haften geblieben,
und wie in Vorahnung dessen, was kommen sollte, hatte
er damals gefragt: ,Also würden Sie als Geschworner
niemals einen Beschuldigten wegen Mordes verurteilen?' —
Worauf der Oberst ein augenrollendes, ,Nie!' zur Ant-
wort gab.
Herr von Rheuß entsann sich wohl jener Bemerkung
nicht mehr; denn er .konnte nicht fassen', weshalb ihn
der sonst so artige Kretschmar eben so unerbittlich mit
Nein beschied wie Herr Gyskra.
Iedenfalls war der Oberst gründlich verstimmt, und
diese Verstimmung hatte sich heute früh fast zur Wut ge-
steigert. Alle Schmeichelreden der zärtlichen Sascha reichten
nicht aus, den Unmut ihres Papa's zu besänftigen.
Als sie jedoch seufzend bemerkte: ,Da hat ja der An-
geklagte recht schöne Aussichten! . . .', da brauste ihr
Vater auf wie seit lange nicht.
.Weibergewäsche!' rief er im höchsten Zorn, ,Ihr
Frauenzimmer natürlich handelt nach solchen Impulsen