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die Fließen. Es pochte. Erst dreimal, und dann, nach
kurzer Pause, ein viertes Mal.
Sascha fuhr auf.
Also auch heute war er nicht dagewesen, der arme
Lutz, — und sie, die ihm da helfen konnte, saß hier
eingesperrt wie ein Sträfling! Mit den Dienstboten mußte
sie sich verschwören, um hinter dem Rücken des Vaters
Kunde von dem zu bekommen, was ihr jetzt einzig noch
Wärme und Daseinskraft ins Gemüt goß! Dieses reizende
Kind rief ihr die glücklichsten Tage eines sturmgeschützten,
sonnigen Traumlebens ins Gedächtnis zurück . . . Und
nun lag es vielleicht siebernd im kalten Raum... Es
starb vielleicht, eh' sie es wiedersah . . . Dann hatte sie
Nichts, Nichts, Nichts auf der weiten Welt, als einen
stolzen, starren, unbarmherzigen Vater, den sie zwar immer
noch liebte, der aber Alles aufbot, um diese Liebe zu
töten. . .
Sie sprang empor.
Wenn man sie denn behandelte, wie ein Schulkind, das
noch im Zeichen der Ruthe lebt, so wollte sie diese Rolle
auch durchführen! Auf die schmachvolle Einsperrung hier
gab es nur Eine gebührende Antwort: den Ungehorsam!
Noch dazu jetzt, wo der Zweck dieses Ungehorsams ein so
vernünftiger und so notwendiger war!
„Es ist gut, Grete!" sagte sie kurz. „Geh' nur,
ich überlege mir's noch!"
Nach fünf Minuten trat sie vor ihren Schrank und
holte sich Hut und Mantel heraus.
Dann öffnete sie das Fenster, das nach dem Gehölze
ging, warf den Mantel hinaus, setzte den Hut mit etwas