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bin der Thäter, — kein Mörder freilich, aber an Ruch-
losigkeit einem Mörder vergleichbar, weil ich so lang'
habe schweigen können!'
Er malte sich diese Scene und ihre Wirkung so leb-
haft aus, daß er sich an der Bank festklammern mußte,
um der grausigen Lockung nicht nachzugeben.
Nun wurden Lewald und Lichert, der Erstere frei,
der Letztere in Ketten und Handschellen, nach der Anklage-
bank geführt.
Lichert schaute mit starren, verglasten Augen im Saale
umher. Die Zuversicht, die ihn vor einer Minute noch
aufrecht erhalten, schwand unter dem Eindruck dieses
unheimlich imponierenden Apparats, dem er ja erst im
verwichnen Oktober, wenn auch damals mit Fug und
Recht, zum Opfer gefallen war.
Er kannte den Raum bis ins Einzelne.
Die drei Spitzbogenfenster dort an der Längswand; —
zwischen dem ersten und zweiten die Platze der Herren
Geschworenen; — der Tisch des Herrn Ober»Staats-
anwalts und der Tisch des Gerichtshofs; — die Thür
zum Beratungszimmer; — die Sitze des Publikums —:
Alles das war ihm vertraut, als hält' er sein halbes
Leben hier zugebracht.
Besonders aber die Decke mit ihren farbenprächtigen
Bildern, die zu der düsteren Schauerlichkeit des Ortes so
gar nicht zu passen schienen!
Da links hatte der Maler eine Frauengestalt ange-
bracht, — rosa und himmelblau —, die zwei gelbliche
Tafeln hielt; rechts eine andre, in Purpur und Grün,
mit einer bläulich grauen Papierrolle; und dann in der
Mitte die größte und mächtigste unter den dreien, ganz