— 268 —
Er wünschte Hellmuth noch einmal zu sehen — um jeden
Preis. Alles, Alles hing davon ab.
Tief erschüttert reichte Hellmuth das Billet seinem Vater.
Zwei Minuten darnach saß er schon an der Seite des
Laboratoriumsdieners, der ihm die Botschaft gebracht, in
der geöffneten Droschke und rollte hinaus in den herrlichen
Mai»Abend, der klarer immer, goldner und reiner ward.
Der Laboratoriumsdiener erzählte ihm, wie sich das
Unglück ereignet hatte. Hellmuth aber hörte und sah
nicht; sein Herz krampfte in qualvoller Ungeduld, bis
endlich der Wagen vor dem bescheidenen Hause hielt, wo
Altenhöfer, der schlichte, getreue Forscher, feit fast einer
Stunde schon mit dem Tode rang.
Die Fenster des Sterbezimmers waren geöffnet. Flieder»
düfte säuselten von dem Kärtchen herauf. Der breite, gold»
gesättigte Strahl der Sonne malte sich warm auf der
graugeftreiften Tapete und spielte wie lächelnd auf den
Familienbildern, die sich in peinlichster Symmetrie paar»
weise aufbauten.
Als Hellmuth hereintrat, blitzten die halb schon ver»
löschenden Augen des Chemikers freudig auf. Das ein»
gefallne Gesicht, von dem weißwallenden Barte umrahmt,
nahm einen heldenhaften, prophetischen Ausdruck an.
„Hellmuth," sagte er mühsam, und hielt dem Freunde
die wachsbleiche Hand hin, „es geht zu Ende mit mir. . .!
Gott sei Dank, daß Sie zur rechten Zeit noch gekommen
sind ... Ich habe letzthin. . . noch einmal Alles durch»
dacht. . . und heute früh, als es dämmerte ... ist es
mir aufgegangen wie eine Leuchte der Offenbarung..."
Er hatte die Finger Hellmuths zärtlich umklammert.
In den Kissen sich aufrichtend, zog er die Brauen hoch