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Natürlich täuschte er sich und ward dieser Täuschung
auch bald darnach inne. Die Herren von der Geschworenen»
dank hatten sich nur überzeugen wollen, wie das sieg»
reiche Pläidoyer des Verteidigers auf den Vertreter der
Staatsanwaltschaft einwirke. Die Mehrzahl von diesen
Leuten teilte ja die verwerfliche Ansicht, als fei der Wort»
kampf zwischen dem Ankläger und dem Verteidiger eine
Art Schachspiel, bei dem der verlierende Teil sich beschämt
fühlen müsse.
Doktor Kretschmar schloß seine Rede wie folgt:
„Was die verschleimen Delikte betrifft, die Christian
Lichert in Gemeinschaft mit Ferdinand Lewald anläßlich
seiner Flucht aus dem Untersuchungsgefängnis begangen
hat, so möchte ich nichts mehr hinzufügen. Der Fall ist
klar; daß mildernde Umstände vorliegen, habe ich nach-
gewiesen. Die Anklage wegen Mordes jedoch, meine
Herren Geschworenen, liegt zerbröckelt zu Ihren Füßen.
Ich erwarte die unbedingte Freisprechung meines Klienten
und die Verurteilung der Staatskasse zur Tragung sämmt»
licher Kosten! Ich habe gesprochen."
Auf die Anfrage des Präsidenten erhob sich der Ober»
Staatsanwalt und erklärte, daß er von einer Replik Um-
gang nehme.
Der Vorsitzende wandte sich nun zu Lichert:
„Angeklagter, haben Sie etwas hinzuzufügen?"
„Nein!" rief Lichert, und dieses Nein klang wie ein
Iauchzen. „Alles verhält sich so, wie mein Verteidiger
hier erzählt hat. Ich bin unschuldig, — und nun ist's,
Gott sei Dank, an den Tag gekommen!"
Der Vorsitzende hatte bereits, während das Plaidoyer
des Verteidigers sich zum Schluß neigte, in stiller Ver»