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der Gedanke an Lichert bei ihm erweckt hatte, ging plötzlich
eine fürchterliche Verbindung mit Hellmuth ein. Sein
eignes Kind sollte das Haupt auf den Block legen, und er
selber, der es doch in der Macht hatte, dies Schauder'
hafte zu hindern, er selber sollte hervortreten und dem
Scharfrichter zurufen: ,Hier! Da steht er! Packt ihn!
Schleppt ihn die Stufen hinauf!'
Die furchtbare Angst, die ihn zermarterte, raubte ihm
jede Besonnenheit. Er folgerte mit krankhaftem Pefsimis»
mus. Wenn Hellmuth wirklich den Streich gegen Fritz
Burckhardt geführt hatte, dann war dieser Streich auch die
Thai eines schweren Verbrechers. Es gab keine mildern»
den Umstände, keine Beschönigung, keine Ausflucht; denn
fönst hätte doch Hellmuth sicher die Sache nicht so weit
sich entwickeln lassen! Herr Gyskra, in seiner grausigen
Exaltation, hatte durchaus kein Organ mehr für etwa
vorhandne Beweggründe, die Hellmuth, auch ohne eine so
düstre Gestaltung seiner Situation, zum Schweigen ver»
anlassen konnten.
Gegen halb eins übermannte ihn die Erschöpfung;
der Schlaf packte ihn unwiderstehlich.
Als er nach fast einer Stunde erwachte, fühlte er, daß
eine trostlose Resignation an die Stelle der wahnsinn»
gleichen Erregung getreten war.
Mit Gewalt zwang er sein erschlafftes Gemüth, sich
alles das vorzuführen, was die Indicien, die ihn fofort
überzeugt hatten, irgendwie abschwächen möchte.
Es war ja doch immer noch möglich, daß er sich
tauschte . . . Der Iunge hatte ein ganz besondres Interesse
für Lichert . . . War das fo fehr befremdlich? Die ganze
Stadt brannte doch auf die Hauptverhandlung! Und Hell»