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einer verzweifelten Anwandlung ihm den Vorschlag machte,
die Verlobung mit Emmy zu lösen, so lange wenigstens,
bis die Sache Hellmuths entschieden sei: da zuckte es dem
ehrlichen Mathematiker ganz eigentümlich über das Antlitz.
Ohne ein Wort zu sprechen, zog er das heimlich bebende
Mädchen an seine Brust, so fest, so still und mit einem
so vorwurfsvollen Blick auf den Vater, daß dieser sich
wegwandte und rasch an das Fenster trat, um zu ver»
bergen, wie tief ihn die stumme Antwort des Wackern
gerührt hatte.
Emmy entwickelte ab und zu einen kecken Humor, den
man in dieser fast burschikosen Form nie an ihr wahr»
genommen.
„Nimm's doch nicht gar zu schwer, Papa!" sagte sie,
als wieder einmal von der lang andauernden Haft Hell»
muths die Rede war. Franz hat als junger Student
sechs Wochen hintereinander im Carcer gebrummt! Das
war schlimmer noch als das Sitzen im Untersuchung^.
gefängnis! Geh', dem Hellmuth schadet das gar nichts,
wenn er ein bischen mal über sich nachdenkt! So etwas
klärt! So etwas stählt für das Leben! Nicht wahr, Franz?"
Sie fügte noch eine Wendung hinzu, über die ihr
Papa laut auflachen mußte, trotz seiner traurigen Stimmung.
Eins erreichte sie zweifellos: der Ober»Staatsanwalt
hielt sich fest überzeugt, daß feine Familie nicht halb so
leide, wie er.
Langsam, fürchterlich langsam verging der Februar
und die erste Hälfte des Frühlingsmonats.
Sascha erholte sich.
Am zwanzigsten März, während des herrlichsten
Wetters, fand ihre Übersiedlung nach der Villa des Oberst