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dicht wimmelnder Schwarm von Sonntagsgästen herauf,
meist junge Leute — Handwerksgehilfen, kleine Commis,
Nähterinnen und Putzmacherinnen, darunter wohl auch
die unverkennbare Physiognomie eines Leutnants in Bürger»
tracht. Am Kreuzweg teilte sich dieser Strom, zur Hälfte
rollte er weiter nach Grauditz; zur andern Hälfte bog er
nach rechts ab, in das umfangreiche Vergnügungslokal, das
unter dem Namen .Forstschänke' eines nicht ganz unbedenk-
lichen Rufes genoß.
Er trat von der Rückfeite ein. Was wollte er jetzt
schon zu Hause? Hier konnte er lernen, wie echte Leicht-
blütigkeit das Leben nimmt, — und diesmal ohne den
Cicerone Stegemann, der ihn immer beeinflußte, immer
etwas in ihm zurückließ, was ihn verbitterte.
Gesten: zum Beispiel , . .! Wie schal und widerlich
hatten ihn diese Scenen berührt und mehr noch die Glossen,
die ihm Ottfried zum Besten gab!
Anstatt der .Bergfexe' hatte man eine Gesellschaft
besucht, wo das Souper, noch eh' der Champagner kam,
zur Orgie entartete. Eine würdevolle Matrone mit
rafsiniert gekräuseltem Silberhaar machte hier die Hon-
neurs; und dennoch . . .
„Zum Teufel," hatte Hellmuth dem Freund zugeflüstert,
„was ist denn das für eine Sorte von Frauenzimmern?" —
Und Ottfried mit seinem cynischen Lächeln hatte geant-
wortet:
„Sehr achtbare Mädchen mit der Aufschrift .Zerbrech-
lich' und .Diskretion Ehrensache' . . ."
Hellmuth zog jetzt bei dieser Erinnrung die Brauen
zusammen.
„Es ist widerwärtig von Ottfried," fagte er zu sich