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jungen skizzieren, als Herren nnd Damen in modischer
und deshalb vergänglicher Tracht."
Der Ober«Staatsanwalt nickte.
„Das läßt sich ja hören. Ich hätte bei solchen Studien
nur das eine Bedenken, daß man nicht immer Herr seiner
Objekte bleibt. Der Büffel, gar zu sehr aus der Nähe
gekonterfeit, nimmt den Maler gelegentlich auf die Hörner."
„Keine Angst, Herr Ober»Staatsanwalt! Wir hüten
uns, rote Tücher zu tragen. Und dann — verstehen Sie —:
eine Würde, eine Höhe . . .!"
„Ich darf nicht wagen, Sie zum Hierbleiben aufzu-
fordern," sagte Frau Gyskra nach einer Pause. — »Ganz
abgesehn von den Studien, die Sie da planen.. . Mein
Mann hat unaufschiebliche Arbeit . . ."
„Zu liebenswürdig! Ein andermal, wenn Sie ge-
statten . . ."
Hellmuth hatte sich fertig gemacht. — Ottfried Stege-
mann küßte der Frau des Hauses die Hand, verneigte
sich äußerst formell vor Emmy, und dann minder formell,
aber mit einem unverkennbaren Ausdruck ehrerbietiger
Sympathie, vor dem Ober»Staatsanwalt.
Zwei Minuten später hörte man das Coupe mit den
beiden Herren stadteinwärts rollen, — Frau Gyskra und
Emmy machten sich eifrig über die Stickerei her, halblaut
ihre Gedanken austauschend.
Der Ober»Staatsanwalt hatte sein Arbeitszimmer be-
treten. — Über dem Schreibtisch brannte die Gaslamve. —
Er schob sich die Akten zurecht, steckte sich eine Cigarre
an und lehnte sich in die Sopha»Ecke, um eine Weile
noch auszuruhn.
Nach fünf Minuten bereits war die Cigarre erloschen.