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gültig gemodelten ,So?' geantwortet. Die Verteidiger
waren ja in der Regel nicht arm an solchen .Enthüllungen',
die für den Augenblick eine unleugbare Wirkung erzielten,
aber dann später durch den Gang der Ereignisse überholt
wurden.
Doktor Kretschmar jedoch nickte sehr ernsthaft. Es
spielte etwas um seinen klugen, beredten Mund, als ob
er die Absicht hätte, dem Ober»Staatsanwalt, dessen Un-
parteilichkeit er so hochschätzte, weitere Mitteilungen zu
machen.
Wenn dies der Fall war, so trug das unverhoffte
Erscheinen Balduin Teutschenthals, der ziemlich geräusch-
voll zu den beiden Herren herantrat, die Schuld daran,
daß diese Absicht im Keim erstickt wurde. Balduin setzte
sich mit an den Tisch und erzählte beim Schlürfen seines
Cacao»Liqueurs von der gewaltigen Aufregung, in der sich
ganz Strehlberg ob einer wundersamen Broschüre des dort
garnisonierenden Regimentskommandeurs besinde.
Kretschmar kannte die Schrift und trat für sie ein,
während Balduin sie energisch verdammte.
Als Herr Gyskra nach zwanzig Minuten aufbrach, stand
er fast mehr unter dem Eindruck dieser Debatte, als unter
dem jenes eigentümlichen Novums, das Kretschmar ihm
angedeutet. Auch wiederholte er sich, wie oft und wie
leicht ein Verteidiger, zumal ein Charakter von der jugend-
lich»feurigen Art Kretschmars — über die Glaubhaftig-
keit seiner Beweismittel und Hypothesen sich täuscht.
Ietzt erst, hier auf dem Sopha im Arbeitszimmer,
malte ihm die Erinnerung ein etwas verändertes Bild.
Kretschmar hatte nicht darnach ausgesehn, als handle es
sich um eine bloße Vermutung. Er schien vielmehr seiner