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allein unter allen Sündern der Welt gibt's keine Gnade
mehr.
Langsam erhebt er sich.
Eine Wand seines Zimmers ist mit Iugend»Reminis»
cenzen geschmückt. Bilder aus seiner Studentenzeit, Waffen,
Bänder, Mützen und Trinkhörner hängen da in malerisch»
zwangloser Buntheit. Zaghaften Auges blickt er auf diese
Denkmale einer hoffnungsfrohen, makellosen Vergangenheit.
Seltsame Klänge, Melodien aus glücklichen Stunden
schwirren ihm durch den Sinn ... .Diesen Schläger nie
entweih'n . . . halten will ich stets auf Ehre . . .'
Das waren Tage des Überschwangs, des schäumen-
den Idealismus! Er hätte sich wahrlich nicht träumen
lassen, daß diese Verse für ihn jemals eine so grausam-
ernste Beleuchtung gewinnen könnten.
„Ich muß fort," sagt er mit zuckender Lippe.
Unter den beiden gekreuzten Schlägern hängt ein
Revolver, der immer geladen ist. Hier draußen in der
Mathesiusstraße wohnt man ein wenig einsam, und sein
Beruf schon legt ihm ja den Gedanken an die Möglich-
keit eines nächtlichen Einbruchs nahe . . .
Er nimmt die Waffe, stäubt sie ein wenig ab, unter-
sucht sie und legt sie vorsichtig auf den Schreibtisch.
Dann setzt er sich und nimmt sich Papier und Feder.
Ein Abschiedswort an die Seinen! Voll und heiß quillt
es ihm aus dem Herzen empor: der Verstand aber muß
das Alles erst prüfen und wägen, denn Niemand soll ja
erfahren, was ihn so plötzlich hinweggetrieben. Hellmuth
mag sich mit feinem Schuldbewußtsein zurecht sinden; der
treuen Lebensgefährtin jedoch und der süßen, geliebten Emmy
kann und will er die Last nicht aufbürden, an ihm zweifeln