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Als Herr Gyskra das Schreiben zu Ende gelesen,
machte Hellmuth dem Überschwang seines Entzückens durch
einen jubelnden Aufschrei Luft. Er umarmte den Vater,
er küßte ihn stürmisch, er legte sein Haupt an die treue
Brust, die so unsäglich um ihn gelitten.
„Siehst Du, Papa," raunte er dann triumphierend,
„Dein College nimmt mir Alles vorweg, was mir vorhin
auf der Zunge lag! Wie konntest Du diesen Entschluß
fassen! Ich bewundere Dich, — aber Du bist mir
unfaßlich!"
Der Ober»Staatsanwalt wiegte bedächtig den Kopf.
„Er hat Recht — und er hat nicht Recht! Hier im
Grund meines Herzens bleibt noch ein Rückstand, den mir
selbst dieser glänzend begründete Wahrspruch nicht auflöst.
Gleichviel! So weit ich konnte, hab' ich nun meiner
Pflicht genügt — und tröstend wie eine himmlische Bot»
schaft klingen die Worte: ,Ein mutvoll treues Wirken ist
bessre Sühne als ein feiger Gram!' Ia, komm her, Iunge!
In deine Hände will ich's geloben; Mein ganzes Leben
soll hinfürder im Dienste der Wahrheit aufgehn
der Wahrheit, die ich Einmal verleugnet habe! Um
euretwillen bleibe mein Fehltritt geheim. Die Buße, die
ich mir zuerkenne, sei, wie's in dem Schreiben meines
Collegen da heißt, die That und ein doppelter Eifer zum
Guten. Und sieh, Hellmuth — Du wirst mich auslachen,
aber auch das ist ein Teil meiner Sühne —: ich habe
jetzt noch einen Sohn, den armen Bauernknecht da drüben
im Zuchthaus zu Traunsberg, der um deinet» und meinet»
willen so viele Wochen hindurch zwischen Leben und Tod
gebangt. Im eignen Elend fand ich bis heute nicht Zeit,
an den Ärmsten zu denken. Ietzt aber soll mein Dichten