53
Damen hatten mit Weihnachtsarbeiten und sonstigen Vor-
bereitungen für die Bescheerung zu thun; Hellmuth, der
gestern mit Enimy und Lehr im Hofthcater, eh'vorgestern
beim Oberst von Rheuß zum Thce gewesen, dachte sich
heute einmal wieder dem Laboratorium zu widmen,
während der Ober»Staatsanwalt die Alten des Unter-
suchungsrichters in Sachen eines jetzt eben neu eingeleiteten
Strafprozesses studieren wollte. . . Das häufte sich jetzt
seit einiger Zeit ganz außerordentlich. Kaum war die
Anklageschrift gegen Christian Lichert vollendet, so bot sich
hier schon eine zweite Aufgabe von ähnlich sensationellem
Charakter. Frau Gyskra, die sonst sehr wenig davon erbaut
war, wenn ihr Gemahl die Abendstunden seinem Beruf
widmete, hatte diesmal nichts einzuwenden, weil sie nur
so die nötige Muße fand, ihr Weihnachtsgeschenk ,für den
Papa' ungestört zu vollenden.
Ottfried machte nicht viele Umstände. Er lehnte den
feierlichen Empfang im Salon, den das Stubenmädchen
ihm zudachte, ab und trat kurzerhand in das Eßzimmer.
„Ich komme, Herr Ober»Staatsanwalt, um Ihren
Hellmuth für heute Abend mit Beschlag zu belegen. Wir
haben uns lang' nicht gesehn, Hellmuth und ich; — und
Leutnant Alfsing hat mir erzählt, daß der zukünftige
Lavoisier sich just auf dem Wege besindet, in Über-
anstrengung aufzugehn! Wahrhaftig, Hellmuth, feit unsrcr
letzten Begegnung sind Sie ganz elend geworden! Sie
haben einen veränderten Ausdruck — so in sich gekehrt,
so grüblerisch»dumpf. . . Na, folgen Sie Ihrem Retter!
Mein Wagen steht vor der Thür! Ich verspreche Ihnen
ein Stück originellsten Volkslebens mitten hier in der
Hauptstadt."