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„Schweig! Zieh' deine Mutter nicht mit herein in
diese Erbärmlichkeit! Das glaub' ich ja wohl, daß Du
nicht ganz und gar Dich verloren hast! Aber ist man
ein Ehrenmann, weil man nicht Dieb und Räuber und
Falschmünzer ist? Die weibliche Ehre ist noch viel zarter
als unsre! Sie gleicht dem Schmetterlingsflügel, den schon
ein Hauch versehrt. Dieser Gyskra hat eine geradezu
unglaubliche Frechheit bekundet: die Männer aber sind da
nur frech, wo sie voraussetzen, daß man es gern sieht..."
„Vater. . .!"
„Daß man es gern sieht . . .," wiederholte der Oberst.
„Halte den Mund! All dein Gefasel hilft mir nicht über
die Schmach hinweg! Ich fühl's, ich fühl's: die Ge-
schichte ist nicht wieder gut zu machen! Am liebsten jagte
ich Dich jetzt gleich aus dem Haus! Ich überlege mir's
noch! Fort mußt Du! Weit hinweg aus der Stadt!
Meinetwegen ins Kloster! Allmächtiger Gott, daß ich so
was erleben muß! Hätt' mich doch damals die Kugel bei
Mars»la » Tour nicht so kläglich gestreift, sondern sich voll
in mein Herz gebohrt!"
Er rang so verzweifelt die Hände, daß Sascha den
eigenen Kummer vergaß und, von Mitleid erfüllt, zu ihm
herantrat.
„Beruhige Dich doch!" sagte sie tröstend. „Sieh,
Vater, ich war vielleicht ungeschickt: aber wissentlich hab'
ich ihm niemals gezeigt, was in mir vorging! Ach, und
ich hab' ihn so lieb gehabt!"
„Schöne Liebe das, die sich frech an den Laden legt,
damit der Galan es bequem hat!"
Sascha seufzte aus tiefster Brust.
ErnN Eckstein, Ihm,>«, II. I<