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Und Veilchen wuchsen an ihr empor, und Maiglocken
und Vergißmeinnicht. Große Lilienstengel neigten mit ihren
schneeweißen Blüten sich palmenähnlich über sie her.
Flieder und Goldregen woben sich rings zum Teppich, auf
dem sie dahin schreiten sollte. Ein Myrthengeflecht aber
legte sich wie ein Heiligenschein auf ihr wonneberauschtes
Köpfchen.
Und die Lilienstengel wurden zu gothischen Pfeilern,
und der Teppich führte auf Stufen hinan zum Altar, wo
zwei goldene Ringe auf einer silbernen Schale erglänzten.
Ietzt nahte der Priester. Die Thüre der Sakristei ward
von pagen»ähnlich gekleideten Knaben ins Schloß gedrückt,
und laut hallten die Schritte des Geistlichen durch die
menschengefüllte Kirche. . .
Sie hatte wirklich geträumt; aber der Hall dieser
dröhnenden Schritte war Wirklichkeit. Ihr Vater stampfte
draußen im Dunkel der Hausflur den Schnee von den
Füßen.
Sascha öffnete ihre Thür.
„Nun, Papa," frug sie, halb noch verklärt von dem
Duft ihrer Blumenvision, „bist Du nun besser bei Laune?
Tante correspondiert noch. Sie wollte mich wenigstens
rufen lassen, wenn sie zu Ende wäre. Komm doch ein
bischen herein! Was? Ich sind' es so furchtbar gemüt»
lich in meiner Stube!"
Der Oberst gab keine Antwort. Er schnaubte und
prustete, während ihm Sascha beim Ausziehen seines Pelz»
rocks behilflich war.
„Ein ganz abscheuliches Wetter," plauderte sie mit
wachsender Lebhaftigkeit. „Alles so schwer und so dumpf
nnd wie eingesargt! Weiß Gott, zu nichts hat man Lust!