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sieben Stimmen bejaht hatten: da lag es über dem ganzen
Saale wie bleierne Friedhofsstille.
Doktor Kretschmar preßte die Lippen zusammen, als
unterdrücke er einen Schrei der Beklemmung.
Der Ober»Staatsanwalt hatte sich jählings verfärbt.
Nun starrte er, wie ein Halb»schon»Ertrinkender, der in
der Ferne ein Boot sieht, auf das verschlossene Antlitz des
Präsidenten, als erwarte er von den Lippen des Mannes
ein letztes Heil.
Wäre nämlich das Tribunal einstimmig der Ansicht
gewesen, die Geschworenen hätten sich in der Hauptsache
zum Nachteil des Angeklagten geirrt, so stand es den
Richtern laut Paragraph 317 der Strafproze߻Ordnung
frei, den Wahrspruch zu anullieren und die Sache zur
neuen Verhandlung an das Schwurgericht der folgenden
Sitzungsperiode zu überweifen.
In der That schien einer der Beisitzer in diesem Sinne
einen Versuch zu machen. Aus dem lebhaften Mienen-
spiel, mit dem er auf feine Kollegen einsprach, ging zur
Genüge hervor, daß er die Notwendigkeit eines Veto's
für gegeben erachte.
Der Präsident jedoch verhielt sich offenbar ablehnend.
Eine vieljährige Praxis hatte ihn zum vollendeten
Pessimisten gemacht. Sein Grundsatz war: ,Es kommt
wohl vor, daß die Geschworenen einen Schuldigen frei-
sprechen; der umgekehrte Fall jedoch ist eine rein akademische
Unterstellung/
Der Beschluß, den der Ober»Staatsanwalt, fast schon
zusammenbrechend, erhofft hatte, unterblieb.
Und nun überkam es Herrn Gyskra wie eine sanfte
Betäubung, die ihn Alles umher noch wahrnehmen, aber