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Moll und Dur für die Gestaltungen einer mächtigen Ton»
welt! Und beide liebten ihn mit der gleichen nicht zu be-
schreibenden Innigkeit! Beide gehörten ihm so voll und
so wahr und so vom tiefsten Grund ihres Herzens! Er
war ein beneidenswerter, ein überglücklicher Vater!
Als er das Bild wieder hinstellen wollte, stieß er gegen
den lose geschichteten Aufbau alter Collegienhefte, der sich
hier wider Hellmuths Handbücher anlehnte.
Ein Teil siel zu Boden und mit ihm eine lederne
Mappe.
Aus dieser Mappe jedoch rutschte zum großen Erstaunen
des Ober»Staatsanwaltes ein rötliches Bändchen in Klcin»
Oktav, das er hier ganz und gar nicht erwartet hatte:
die Guttentag'sche Ausgabe des Strafgesetzbuches für das
deutsche Reich.
Das war nicht sein Exemplar; das seinige hatte er
eben erst unter den Fingern gehabt.
Was bedeutete das?
Er nahm das Büchlein zur Hand.
Es war die neueste, im laufenden Iahr erschienene
Auflage.
Obgleich äußerlich gut gehalten, trug das Bändchen
doch unverkennbare Spuren des Lesens: denn es öffnete
sich wie von selbst zwischen Seite 94 und 95, wo mit
Paragraph 211 der sechzehnte Abschnitt: .Verbrechen oder
Vergehen wider das Leben' anhub. Diese und die nächst»
folgenden Seiten machten den Eindruck, als seieu sie hänsig
hin und her gewandt worden.
Auf der Innenfläche des rötlichen Umschlags befand
sich die Stempelmarke des Sortimenters. Der Name war
nicht identisch mit dem des Buchhändlers, bei welche:n
Ernst Eilsttln, Ihemi«, II, «