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mitteilen, welche Fragen der Vorsitzende den Geschwornen
zur Beantwortung unterbreitet hatte. Die erste der Fragen
bezog sich auf das Verbrechen des Totschlags; die zweite
auf Körperverletzung mit tötlichem Ausgang. Beiden war
die Eventual»Frage angefügt, ob mildernde Umstände vor-
lägen.
Altenhöfer, in seiner begeisterten Schwärmerei für den
jungen Berufsgenossen, hätte es nicht übers Herz gebracht,
den Verhandlungen anzuwohnen. Nun aber war er doch
ans Portal gekommen, um so frühe als möglich das End-
resultat zu erfahren. Er fröstelte, denn er trug einen
dünnen Anzug, und mit sinkender Sonne hatte der heiße
Tag sich verkühlt. Trotzdem wich Altenhöfer feit andert-
halb Stunden nicht von der Stelle.
„Wird er verurteilt werden?"
Ottfried Stegemann zuckte die Achseln.
„Bei Gott und im Gemüte braver Geschworner ist
Alles möglich!"
„Iedenfalls kann ihn doch nur eine unbedeutende
Strafe treffen!" hüstelte Altenhöfer.
Der Mann sah ganz hohläugig und vergrämt aus. Die
Aufregung über das Schicksal dessen, der da berufen war,
fein großes Problem zu lösen, hatte ihm übel zugesetzt,
„Meiner Ansicht zufolge," murmelte Ottfried, „kann
er logischer Weise überhaupt nicht verurteilt werden. Das
ist auch die Auffassung seines Verteidigers Doktor Berger.
Seit sich in der Person der Frau Marguth eine höchst
glaubhafte Zeugin gefunden hat, die den Vorgang mit
ansah, herrscht ja kein Zweifel darüber, daß hier ein Akt
vollberechtigter Notwehr vorliegt! Die Marguth, die im
Augenblick des Rencontres keine zehn Schritte weit von