Novene zur Seligen Anna Schäffer
(Dr. W. Gegenfurtner, Generalvikar, Regensburg,
26.1.1999) Zur Förderung des Heiligsprechungsprozesses Anna Schäffers
berichte man Gebetserhörungen und Gnadenerweise, die der Fürsprache der
Seligen zugesprochen werden, ausführlich und wahrheitsgetreu an: H. H.
Domvikar Georg Schwager, Leiter der Abteilung für Selig-und
Heiligsprechungsprozesse beim Bisch. Konsistorium f.d. Bistum
Regensburg, Schwarze-Bären-Str. 2, D-93047 Regensburg. Oder an:
Pfarramt Mindelstetten, Kirchplatz 2, D-93349 Mindelstetten. Porträt
der seligen Anna Schäffer • Ölgemälde v. W. Tonner, Regensburg Foto:
Rappl/Kelheim • Nachdruck verboten Die selige Anna Schäffer von
Mindelstetten Im Herzen Bayerns, zwischen Regensburg und Ingolstadt,
liegt das Pfarrdorf Mindelstetten. Hier wurde Anna Schäffer am 18.
Februar 1882 als Tocher eines Schreiners geboren und getauft. Die
kinderreiche Familie lebte in bescheidenen Verhältnissen. Den guten
christlichen Geist prägte die Mutter. Das Kind entwickelte sich zu
einem gesunden, kräftigen Mädchen. In der Schule war sie eine der
Besten, dabei still, bescheiden und fromm. Als Anna 1894 zur ersten hl.
Kommunion gehen durfte, bot sie ihr Leben dem Heiland als Opfer an. Mit
13 Jahren kam sie in den Dienst nach Regensburg. Hier hoffte sie die
Aussteuer für die Aufnahme in einen Orden verdienen zu können, wollte
sie doch Missionsschwester werden. Nach dem Tode ihres Vaters 1896
diente sie in Landshut. Dort erfuhr sie im Juni 1898 den entscheidenden
Anruf Jesu: Sie werde bald schon viel und lange leiden. Obwohl in ihrer
kindlichen Seele eine große Bereitschaft zur Ganzhingabe vorhanden war
- Anna hatte sich im selben Jahr Maria geweiht -, reagierte sie
zunächst wie jeder gesunde Mensch: mit Erschrecken und Flucht. Sie fand
im Forsthaus zu Stammham eine neue Stelle. Am 4. Februar 1901 begann
hier in der Waschküche ihre Leidenszeit. Da sich das Ofenrohr über dem
Waschkessel von der Wand gelöst hatte, versuchte sie, den Schaden zu
beheben. Dabei glitt sie aus und rutschte mit beiden Beinen bis über
die Knie in den Kessel mit kochender Lauge. Weder im Krankenhaus
Kösching, wohin man sie gebracht hatte, noch in der Klinik in Erlangen
gelang es, die Wunden zu heilen. Als man sie als Frühinvalide im Mai
1902 entließ, verschlimmerte sich ihr Zustand immer mehr, so dass sie
bald das Krankenlager nicht mehr verlassen konnte. Zu dem schweren
Siechtum gesellte sich auch bittere Armut. Zusammen mit ihrer Mutter
musste sie mit Rücksicht auf die Familie des Bruders das kleine
Elternhaus verlassen, eine Stube mieten und mit monatlich 9 RM
Invalidenrente das Auskommen finden. Nach zunächst vergeblichem
Aufbäumen lernte Anna in der harten Schule des Leidens den Willen
Gottes erkennen und immer freudiger bejahte sie ihn. In Siechtum und
Armut sah das Mädchen einen liebevollen Ruf des Gekreuzigten, ihre
Lebensaufgabe und Erfülllung. Sie fasste den Entschluss, ihr Leben und
Leiden Gott als Sühneopfer darzubringen und entwickelte einen
erstaunlichen Gebets-, Büß-und Sühneeifer. Der Ortspfarrer Karl Rieger
war ihr ein guter Seelenführer und brachte ihr täglich die hl.
Kommunion. Selbstverständlich leistete er ihr, wie auch andere im Dorf,
materielle Hilfe. Im Herbst 1910 ereigneten sich außerordentliche
Dinge. In Visionen - Anna bezeichnete sie als Träume - sah sie zuerst
den hl. Franziskus, dann den Heiland, der ihr Sühneopfer anzunehmen
bereit war. Seither trug sie, nur wenigen Menschen bekannt, die
Wundmale Christi. Fortan erstarkte Anna im Dienst des
Apostolatsgedankens: Sie versprach ihr Fürbittgebet, tröstete in Wort
und Schrift alle diejenigen, die sich an sie wandten. Nicht nur aus
ihrer Heimat, sondern auch aus Österreich, der Schweiz und sogar aus
Amerika kamen Bittbriefe. Ab dem Markustag 1923, an dem Anna in einer
Ekstase das Karfreitags-Geschehen miterleben durfte, verschlechterte
sich zusehends ihr Zustand: völlige Lähmung der Beine (spastische
Lähmung), furchtbare Krämpfe als Folge eines Rückenmarksleidens und
Mastdarmkrebs. Fünf Wochen vor ihrem Heimgang zog sich die Dulderin
durch einen Sturz aus dem Bett noch eine Gehirnverletzung zu, die das
Sprechvermögen und das Augenlicht beeinträchtigte. Ihre Leiden waren in
den letzten Lebensjahren so qualvoll, dass sich alle wunderten, dass
ein Mensch so furchtbare, fast unglaubliche körperliche Qualen ertragen
könne. Am Morgen des 5. Oktober 1925 empfing die Sterbende zum letzten
Mal die heilige Kommunion, die Kraftquelle ihrer 25-jährigen
Leidenszeit. Kurz vor ihrem Hinscheiden machte sie noch einmal ein
Kreuzzeichen und betete: „Jesus, dir leb' ich!" - Ihre Beerdigung am 8.
Oktober 1925, an der viele Menschen teilnahmen, gestaltete sich zu
einem viel beachteten Ereignis. Pfarrer Rieger beschränkte sich bei der
Leichenrede auf die vielen Gnadenerweise dieses Dulderlebens und
deutete an, dass die Gnade Gottes an der Heimgegangenen groß war. Seit
dem Tode Annas ist ihr Grab das Ziel vieler Menschen, die sie um
Fürbitte in ihren Nöten anrufen, ihr für erwiesene Hilfe danken und vor
allem um ihre Seligsprechung beten. Bisher wurden über 17000
Gebetserhörungen verzeichnet. Auf vielfachen Wunsch des gläubigen
Volkes gab Bischof Dr. Rudolf Graber von Regensburg die Genehmigung, am
26. Juli 1972 die Gebeine der Dienerin Gottes vom Friedhof in die
Pfarrkirche Mindelstetten zu übertragen und den Seligsprechungsprozess
zu eröffnen. Seither kommen am Anna-Tag (26. Juli), der immer als
großer Gebets-und Sühnetag gehalten wird, tausende Menschen nach
Mindelstetten. Nachdem die zuständigen Kommissionen der Kongregation
für Heiligsprechungen eindeutig das heroische Maß der Tugenden
festgestellt hatten, verlieh Papst Johannes Paul II. am 11. Juli 1995
Anna Schäffer den heroischen Tugendgrad. Das für die Seligsprechung
notwendige Wunder wurde am 3. Juli 1998 in Rom anerkannt. Am 7. März
1999 wurde Anna Schäffer von Papst Johannes Paul II. in die Schar der
Seligen aufgenommen. Die „Schreiner Nandl von Mindelstetten", wie Anna
Schäffer vom Volk liebevoll genannt wird, wurde von Gott herausgehoben
als ein leuchtendes Zeichen seiner Liebe. Sie gehört zu jenen, die
gegenüber allem Mittelmäßigen Ernst gemacht haben mit der
Verwirklichung der Nachfolge Christi. Sie gab ein Beispiel, das
Augenmerk weniger auf das irdische Wohl als vielmehr auf das ewige Heil
(vgl. Hebr. 13, 14 u. 11, 10) zu richten, das Apostolat der Tat
harmonisch mit dem des Betens, Opferns und Leidens zu verbinden und in
stiller Verborgenheit Sühne zu leisten aus Liebe zu Gott und in
verantwortlicher Liebe für das Seelenheil des Nächsten. Darin besteht
ihre Größe und Bedeutung. Anna erfasste, was der hl. Johannes schreibt:
Christus „ist die Sühne für unsere Sünden" (1 Joh 2,2) und sie machte
sich das Wort des hl. Paulus zu eigen: „Ich freue mich der Leiden für
euch und will an meinem Fleisch ergänzen, was an den Drangsalen Christi
noch aussteht, zugunsten seines Leibes, der die Kirche ist" (Kol 1,24).
Die Dienerin Gottes hat Sühne als christliche Pflicht empfunden und als
Vermächtnis folgendes Gebet, das an die Botschaft von Fatima erinnert,
hinterlassen: „Heiligstes Herz Jesu, schenk mir recht viele Seelen,
besonders jene, die sich vor Verzweiflung kaum mehr helfen können;
jene, die dem Abgrund nahe sind und der Gnade am meisten bedürfen.
Heiligstes Herz Jesu, vermehre meine Leiden und schenk mir dafür
Seelen, die ich für dich retten kann! Heilige Schmerzensmutter,
verleihe mir stets einen brennenden Durst, am Heil der unsterblichen
Seelen zu arbeiten, für sie zu beten und zu leiden!"