Seltsamer Thread!
Gleichwohl: Ich möchte
ignacio ferrer heftig Recht geben.
Jenseits ideologischen In-die Brust-Werfens sieht die Sache doch aus der Nähe betrachtet mehr nach einer Entscheidung aus, wie man
editionstechnisch verfahren möchte.
Das ist philologisch betrachtet eine durchaus knifflige Problematik. In der jüngeren Zeit hat sich z.B. der Brauch durchgesetzt, dass stets die Erstauflagen der hohen Literatur für Werkausgaben auschlaggebend sind, nicht etwa die Ausgaben "letzter Hand" - was sehr vernünftig ist, weil so das Werk im Kontext seiner relevanten Wirkung präsentiert wird.
Ein andere Frage ist, wie weit man bei neueren Werkausgaben in den literalen Bestand der Texte eingreifen darf. Wissenschaftliche Ausgaben geben die Texte quasi faksimilemäßig, nur neu gesetzt wieder. Will ein Verlag dagegen auch das allgemeine Lesepublikum einbeziehen, müssen Konzessionen an das gewohnte Leseverhalten gemacht werden.
Aber man braucht bloß mal die editorischen Nachworte solcher Ausgaben zu studieren, um zu sehen, welch schwierige Entscheidungen da zu fällen sind. Handelt es sich z.B. wirklich um einen Druckfehler (woher weiß man bei historischen Texten überhaupt, ob es einer ist?), oder ist es eine spezifische Schreibweise des Autors, möglicherweise aber nur ein sprachlicher Regionalismus des Setzers &c.
Noch heikler wird die Sache, wenn es an die Interpunktion geht; in älterer Zeit hat diese nämlich nicht in erster Linie eine grammatische Funktion, sondern administriert den Lesevollzug. Bei Kleists Satzperioden in die Zeichensetzung einzugreifen verändert z.B. in jedem Fall die Autorintention.
Klar ist: Mit dem "Flair" eines Textes haben all diese Probleme nichts zu tun, sondern mit dem
Textbestand.
Was soll das hier? Ganz einfach: es ist zuletzt eine
akademische Frage, die für den privaten ebook-Macher als irrelevant betrachtet werden kann - es sei denn, dieser "Textbestand" wird auch hier als entscheidendes Kriterium anerkannt. -
Nur kann ich nicht verstehen, weshalb jemand sich der Mühe unterziehen soll, einen z.B. von GB im historischen Gewand übernommenen Text den gegenwärtigen orthographischen Normen anzupassen. Ganz abgesehen von der Fülle von Fehlern, die sich ohne die oben angedeuteten Fachkenntnisse einschleichen werden: ist ein Text im Ernst schlechter "lesbar", wenn dort statt
Teil Theil oder statt
musst mußt steht?
Für die textarchäologische
MTH-BW-GmbH ist jedenfalls beim Ausgraben historischer Texte
Gesetz:
1-:-1-Übertragung des originalen literalen Bestandes in die digitale Form.